Gaza/Tel Aviv.

Für den zwölfjährigen Mohammed Fattum aus Gaza gehen gerade die schlimmsten Sommerferien seines Lebens zu Ende. Doch von seiner Schule im Sadschaija-Viertel sind nach 50 Tagen Krieg nur noch Trümmer übrig geblieben. „Ich vermisse meine Schule und meine Klassenkameraden“, sagt der Junge, der vor mehr als einem Monat mit seiner Familie in einer UN-Schule im Westen der Stadt Schutz vor den Bombardements gesucht hatte. „Ich hoffe, dass ich in einer anderen Schule lernen kann, bis sie unsere Schule wiederaufgebaut haben.“

Israel und die im Gazastreifen herrschende Hamas haben zwar eine dauerhafte Waffenruhe vereinbart. Dennoch begleiten auf beiden Seiten Sorgen und Ängste den Beginn des Schuljahres in diesen Tagen. Die Zahl der Schüler in Israel beträgt etwa offiziellen Angaben zufolge 1,5 Millionen, im Gazastreifen rund 500 000.

Vor den Raketen geflüchtet

Die 43-jährige Neta Aloni aus der landwirtschaftlichen Kommune Avigdor im Süden Israels ist mit ihrem Mann und ihren vier Kindern vor dem Raketenbeschuss nach Tel Aviv geflüchtet. „Unsere Ortschaft ist nicht von dem Raketenabwehrsystem geschützt“, sagt die Frau. Sie hat vor der Rückkehr der Kinder in die Schule gemischte Gefühle. „Sie müssen auf jeden Fall wieder eine normale Routine haben, das wird ihnen guttun“, sagt sie.

„In unserer Schule lernen etwa 700 Kinder, die bei Raketenalarm innerhalb von 45 Sekunden alle in den Luftschutzbunker laufen müssen“, erzählt sie. „In der Vergangenheit gab es dabei viel Gedränge und Verwirrung, einige Kinder haben angefangen zu weinen.“ Solche Erfahrungen seien traumatisch.

Ihre 14-jährige Tochter Ela will nicht zurück in die Schule. „Wegen der Raketen und wegen der Schule an sich“, sagt der Teenager mit den langen dunkelblonden Haaren lächelnd.

Ihr jüngerer Bruder, der elfjährige Uri, ist sich sicher, dass der Raketenbeschuss weitergehen wird. „Wenn nicht jetzt, dann vielleicht wieder in eineinhalb Jahren. So lange die Hamas in Gaza herrscht, wird sich daran nichts ändern.“

Die meisten israelischen Schulen, vor allem in den Grenzorten zum Gazastreifen, haben Bunkerräume. Im Gazastreifen gibt es keinen solchen Schutz für die Schüler. Rund 500 Kinder und Jugendliche sind laut Unicef bei den Kämpfen getötet worden, etwa 3000 wurden nach palästinensischen Angaben verletzt. In mehr als 80 UN-Schulen haben zum Kriegsende mehr als 300 000 Palästinenser Schutz gesucht. Viele von ihnen müssen dort noch bleiben, weil ihre Häuser zerstört sind.

„Ich bin so traurig“

Siad Thabet, der Leiter des Erziehungsministeriums in Gaza-Stadt, sagte zum Beginn des neuen Schuljahres: „Wir werden unser Bestes geben, um das Problem der Flüchtlinge zu lösen, die Kriegsschäden zu reparieren und gefährliche Blindgänger zu entschärfen.“ Erst danach könnten Kinder in den Klassen unterrichtet werden.

Der 14-jährige Ahmed al-Fassis besucht eine Schule der Vereinten Nationen im Schati-Flüchtlingslager. „Ich bin so traurig, weil ich Freunde und Klassenkameraden verloren habe. Und ich bin traurig über die ganze Zerstörung.“ Er vermutet dahinter einen israelischen Plan: „Sie wollen, dass wir keine Bildung bekommen und für den Rest des Lebens in Armut in Zelten leben.“ In den Ferien wollte er eigentlich am Meer Fußball spielen. Aber der Krieg habe alle seine Pläne zunichte gemacht. „Ich bin die ganze Zeit zuhause geblieben, weil ich Angst hatte, dass die israelischen Raketen mich und meine Familie töten werden.“