Tel Aviv/Gaza. Gibt es nach wochenlangen Kämpfen endlich Frieden im Gazastreifen? Seit Dienstagabend schweigen die Waffen: Israel und die Palästinenser haben eine dauerhafte Feuerpause verkündet. Die Grenzen zwischen Israel und dem Gazastreifen sollen für humanitäre Hilfe und Baumaterialien geöffnet werden.
Israel und die militanten Palästinensergruppen haben sich am Dienstag erstmals seit dem Ausbruch des jüngsten Gaza-Kriegs auf eine dauerhafte Waffenruhe geeinigt. Der ägyptische Außenminister Samih Schukri sagte in einer Mitteilung, Israel und die Palästinenser hätten eine umfassende Vereinbarung getroffen. Demnach würden die Grenzen zwischen Israel und dem Gazastreifen für humanitäre Hilfe und Baumaterialien geöffnet. Die Fangzone für palästinensische Fischer im Mittelmeer werde auf 6 Meilen ausgeweitet. Bei indirekten Gesprächen würden weitere strittige Punkte verhandelt.
Ein israelischer Regierungsbeamter bestätigte eine neue Waffenruhe. "Wir haben einmal mehr den ägyptischen Vorschlägen über eine Waffenruhe zugestimmt, die zu einem Ende aller Feindseligkeiten aufrufen", sagte ein ranghoher israelischer Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur dpa.
Die von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verkündete Waffenruhe trat am Dienstag um 19.00 Uhr Ortszeit (18.00 Uhr MESZ) in Kraft. In einer Fernsehansprache sagte Abbas, die palästinensische Führung verkünde eine Waffenruhe, um "die Aggression gegen den Gazastreifen und das Blutvergießen und Töten der Kinder zu stoppen". Nun müsse humanitäre Hilfe für die Menschen in Gaza folgen.
Bei israelischen Luftschlägen starben in Rafah im Süden Gazas drei Menschen
Vor Beginn der Feuerpause genau 50 Tage nach dem Ausbruch des jüngsten Gaza-Kriegs hatten die Konfliktparteien ihren gegenseitigen Beschuss noch einmal intensiviert. Bei israelischen Luftschlägen starben in Rafah im Süden Gazas drei Menschen, sagte Aschraf al-Kidra, Sprecher des Gaza-Gesundheitsministeriums. Militante Palästinenser schossen zahlreiche Raketen auf Israel ab. Dabei starb nach Medienberichten in einem Grenzort zum Gazastreifen ein Israeli. Fünf weitere wurden teils schwer verletzt.
Die israelische Luftwaffe hatte am Dienstag mindestens 60 Ziele im Gazastreifen angegriffen. Dabei wurde nach palästinensischen Medienberichten auch ein zuvor geräumtes Hochhaus in Gaza zerstört.
Das Al-Bascha-Gebäude sei dabei in Schutt und Asche gelegt worden. In dem Gebäude gab es nach Augenzeugenberichten unter anderem Journalistenbüros und eine Zahnarztpraxis.
Israel feuerte Raketen auf einen Wohn- und Geschäftskomplex
Wenige Stunden zuvor hatte die israelische Armee zahlreiche Raketen auf einen Wohn- und Geschäftskomplex abgefeuert. Das Gebäude, das mehr als 100 Wohnungen und 150 Geschäfte enthielt, wurde schwer beschädigt. Damit sind seit Samstag drei Hochhäuser in Gaza angegriffen worden.
Eine israelische Militärsprecherin sagte, in den beschossenen Gebäuden hätten sich Kontrollzentren der Hamas oder anderer militanter Organisationen befunden. Auch seien dort Waffen angefertigt worden. Der Hamas-Funktionär Mussa Abu Marsuk nannte die Zerstörung der Gebäude "ein Kriegsverbrechen".
Insgesamt kamen am Dienstag bei israelischen Luftangriffen neun Palästinenser ums Leben. Zwei von ihnen starben, als die israelische Luftwaffe ein Auto im Norden Gazas ins Visier nahm. Nach Angaben von Rettungskräften handelt es sich bei den Toten um zwei Angestellte einer Elektrizitätsfirma. Vier weitere Personen seien bei Bombardements getötet worden. Etwa 20 Menschen wurden am Dienstag verletzt.
In Aschdod traf am Dienstagmorgen eine Rakete nach Medienberichten den Spielplatz eines Kindergartens. In Aschkelon sei eine Rakete in ein Haus eingeschlagen und habe es schwer beschädigt. 25 Menschen wurden nach Medienberichten verletzt, darunter mehrere Kinder. Weitere 45 Personen mussten demnach wegen Schocks behandelt werden.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs am 8. Juli sind nach Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums mehr als 2130 Palästinenser getötet und mehr als 11 100 verletzt worden. Auf israelischer Seite starben 64 Soldaten und 5 Zivilisten. (dpa)