Erbil/Berlin. . Außenminister Frank-Walter Steinmeier äußertte sich bei seinem Irak-Besuch am Wochenende in der Frage von Militärhilfe vorsichtiger als SPD-Parteichef und Vizekanzler Sigmar Gabriel im „Spiegel.“
SPD-Chef Sigmar Gabriel hat sich offen für Waffenlieferungen in den Irak gezeigt. „Wir können nicht zusehen, wie bis an die Zähne bewaffnete Fanatiker Tausende unschuldige Menschen umbringen und deren Verteidiger keine wirksamen Mittel zum Schutz haben“, so der Vizekanzler im „Spiegel“. Es sei „ein Dilemma“, aber „am Ende dürfen wir bei einem Völkermord vor unseren Augen nicht tatenlos zuschauen.“ Nicht nur das: Die Bundesregierung würde eine internationale Mission im Nordirak unterstützen, heißt es im „Spiegel“ unter Berufung auf Regierungskreise. Bedingung: ein Beschluss des UN-Sicherheitsrats.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier formuliert vorsichtiger. Er wiederholt, dass Deutschland das politisch und rechtliche Machbare tun will, um dem Irak zu helfen. Als er am Samstag mit 20 jesidischen Flüchtlingen auf Matten in einem Schulraum am Rande der Kurden-Metropole Erbil sitzt, scheinen rechtliche Vorgaben für ein paar Minuten weit entfernt.
Die Männer und Frauen haben die Gräueltaten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) erlebt, der Begriff „Völkermord“ fällt mehrfach. In der Schule in Erbil haben 50 Familien Zuflucht gefunden. Im kurdischen Autonomiegebiet sind fast 600 000 Flüchtlinge aus den irakischen Kampfgebieten und Syrien.
Die Flüchtlinge wollen vor allem eines wissen: Wann können wir nach Hause? Genau diese Frage kann niemand beantworten. „Es geht auch darum, Wiederaufbau zu leisten, damit Sie in Ihre Heimatdörfer zurückkehren können“, sagt Steinmeier vorsichtig. Er weiß auch, dass vor dem Wiederaufbau der Kampf gegen die Islamisten gewonnen werden muss.
Steinmeier ist in den Irak gekommen um auszuloten, welche Rolle Deutschland in diesem Kampf spielen kann. 24,4 Millionen Euro hat die Bundesregierung für Nothilfe und den Aufbau von Infrastruktur zugesagt. Kurz vor Steinmeiers Ankunft kam der erste Hilfsflug der Bundeswehr mit Lebensmitteln und Sanitätsmaterial in Erbil an.
Die Kurden erwarten aber weit mehr von Deutschland und der EU: Maschinengewehre, panzerbrechende Waffen, Militärfahrzeuge und Munition. Mit dem Präsidenten der kurdischen Autonomieregion, Massud Barsani, spricht Steinmeier unter vier Augen darüber. Barsani gibt aber Interviews und sagt: „Wir haben einen Mangel an modernen und effektiven Waffen.“ Und: „Wenn wir moderne und wirksame Waffen bekommen, dann ist wichtig, dass wir daran auch trainiert werden.“ Bislang hatten Steinmeier und Verteidigungsministerin von der Leyen den Eindruck vermittelt, als würde die Peschmerga mit ihren Waffen aus Sowjetzeiten weiterkämpfen, die Deutschland nicht zu bieten hat. Die Verantwortung wurde damit an die Osteuropäer abgeschoben, die diese Waffen in ihren Beständen haben.