Tel Aviv/Gaza. Israel hält bislang am Gaza-Einsatz fest. Es gibt immer mehr zivile Opfer. Inzwischen starben 788 Menschen seit Kriegsbeginn. In mehreren deutschen Städten sind am Freitag Demonstrationen geplant. Im Westjordanland gab es in der Nacht erneut Gefechte mit Toten. Bringt ein US-Friedensplan die Wende?

Das israelische Sicherheitskabinett berät am Freitag über die Fortsetzung der Bodenoffensive im Gazastreifen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu ließ bislang keine Bereitschaft erkennen, die Angriffe einzustellen. Die Kämpfe gehen auch trotz aller diplomatischen Bemühungen um eine Friedenslösung weiter. Immer mehr Zivilisten kommen ums Leben. Die Lufthansa und Air Berlin fliegen vorerst weiterhin nicht nach Israel.

Im Westjordanland gingen in der Nacht Tausende Palästinenser auf die Straße, um gegen Israels Vorgehen in dem Küstengebiet zu protestieren. Palästinensischen Rettungskräften zufolge starben bei Zusammenstößen mit israelischen Sicherheitskräften mindestens zwei Palästinenser, Dutzende wurden verletzt. Auf israelischer Seite seien 13 Polizisten leicht verletzt worden, hieß es in israelischen Medienberichten.

Proteste in mehreren deutschen Städten

Die Demonstranten bewarfen die Sicherheitskräfte am Kontrollposten Kalandia zwischen Ramallah und Jerusalem demnach mit Steinen und Feuerwerkskörpern. Die Sicherheitskräfte feuerten der Nachrichtenseite "ynet" zufolge unter anderem mit Gummigeschossen zurück.

In mehreren deutschen Städten sind am Freitag Proteste gegen die israelischen Angriffe in dem Küstengebiet angemeldet; dann ist der Al-Kuds-Tag, ein vom Iran ins Leben gerufener alljährlicher Solidaritätstag mit den Palästinensern. 1979 hatte der iranische Revolutionsführer Ajatollah Khomeini dazu aufgerufen, Jerusalem von zionistischen Besatzern zu befreien. Al-Kuds ist der arabische Name für Jerusalem.

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Nach judenfeindlichen Auswüchsen in den vergangenen Tagen wird befürchtet, dass es auch am Freitag neue antisemitische Beschimpfungen gibt. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) drohte mit strafrechtlichen Konsequenzen: "Jeder, der sich auf diese Art und Weise mit dem Judentum anlegt, legt sich auch mit dem deutschen Rechtsstaat an", sagte Maas.

Es sei jedem unbenommen, auf Demonstrationen seine Meinung zu äußern. "Aber wenn es Anwürfe gibt, die eindeutig keinen sachlichen Bezug mehr haben, sondern die lediglich Ausfluss von Hass sind und auch in der Wortwahl so eindeutig zu qualifizieren sind, dann sind das Straftatbestände bis hin zur Volksverhetzung, denen auch nachgegangen werden muss."

Mindestens 16 Tote in UN-Schule voller Flüchtlinge in Gaza 

Israel will mit seiner Offensive die Infrastruktur der im Gazastreifen herrschenden Hamas zerstören. So soll der anhaltende Raketenbeschuss durch radikale Palästinenser gestoppt werden. Der Gazastreifen gehört allerdings zu den dicht besiedeltsten Gebieten der Erde. Auf einer Fläche, die in etwa der Kölns entspricht, leben rund 1,8 Millionen Menschen. Daher geraten auch immer wieder Zivilisten unter Beschuss.

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Bei dem folgenreichsten israelischen Angriff am Donnerstag starben in einer UN-Schule voller Flüchtlinge nach palästinensischen Angaben mindestens 16 Menschen. Mehr als 200 Schutzsuchende seien in dem Gebäude in Beit Hanun im nördlichen Gazastreifen verletzt worden. In der Schule des UN-Flüchtlingshilfswerks UNRWA hatten etwa 1200 Menschen Schutz gesucht. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon verurteilte den Angriff scharf. Unter den Opfern seien Kinder, Frauen und UN-Mitarbeiter, sagte er in New York.

Zahl der Toten steigt auf 788

Die israelische Armee teilte mit, die Betreiber der Schule seien vor dem Angriff aufgefordert worden, das Gebäude zu räumen. Die Hamas habe die Zivilisten aber daran gehindert. UNRWA-Sprecher Chris Gunness teilte mit, seine Organisation habe vergeblich versucht, mit der israelischen Armee eine Räumung zu koordinieren. Israel wirft der Hamas vor, immer wieder absichtlich aus dicht bewohnten Vierteln sowie aus Krankenhäusern und Schulen heraus die Armee anzugreifen und so den Tod von Zivilisten zumindest in Kauf zu nehmen.

Die Zahl der Toten im Gazastreifen seit Beginn der israelischen Militäroffensive am 8. Juli stieg am Donnerstag auf 788. Mindestens 5050 Palästinenser wurden verletzt. Auf israelischer Seite starben bis dahin mehr als 30 Soldaten und Zivilisten.

Kerry schlägt einwöchige Kampfpause vor

Israelische Medien berichteten von Bemühungen um eine Feuerpause. Wie die israelische Zeitung "Haaretz" unter Berufung auf einen hochrangigen israelischen Regierungsvertreter berichtete, unterbreitete US-Außenminister John Kerry den Konfliktparteien einen neuen Vorschlag. Dieser sieht unter anderem eine einwöchige Einstellung der Kämpfe vor, in der unter ägyptischer Vermittlung Gespräche über eine längerfristige Friedenslösung aufgenommen werden sollen. Daran beteiligt werden soll auch die Palästinensische Autonomiebehörde. Israel darf demnach in dem Zeitraum weiterhin Hamas-Tunnel zerstören. Kerry erwarte noch am Freitag Antworten.

Obwohl Palästinenser weiterhin Raketen Richtung Großraum Tel Aviv schossen, hatte die US-Luftfahrtbehörde FAA ihr Flugverbot am Donnerstag wieder aufgehoben. Auch der britische Billigflieger Easyjet sowie die italienische Alitalia kündigten die Wiederaufnahme des Flugbetriebs nach Israel an. Die Lufthansa und Air Berlin strichen dagegen weitere Israel-Flüge am Freitag. Die Hamas teilte mit, sie ziele weiter auf den Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv.(dpa)