Washington. Der Luftfahrt wird es zu gefährlich an Israels wichtigstem Flughafen. Weil in Tel Aviv Trümmer von Raketen der Hamas gefunden wurden, strichen die Lufthansa und andere Airlines am Dienstag ihre Flüge. Die Offensive in Gaza ging weiter - auch eine deutsch-palästinensische Familie fiel ihr zum Opfer.

Die Lufthansa fliegt den Flughafen der israelischen Stadt Tel Aviv nicht mehr an. Das gab das Unternehmen am Dienstagabend bekannt. Die Sperre gelte für 36 Stunden und betreffe auch die Partnerunternehmen Swiss, Austrian Airlines und Germanwings. Grund sei die unsichere Lage am Flughafen Ben Gurion, teilte die Lufthansa-Gruppe am Dienstag mit. Air Berlin hat ebenfalls vorerst ihre Flüge nach Tel Aviv gestrichen.

Auch Air France und die US-Airlines Delta und US Airways haben ihre Flüge ausgesetzt. Vorausgegangen war eine Warnung der US-Luftfahrtbehörde FAA. Sie hatte allen US-Fluggesellschaften wegen der Raketengefahr in Israel Flüge nach Tel Aviv für 24 Stunden untersagt. Man habe sich zu diesem Schritt entschieden, nachdem am Dienstagmorgen rund 1,6 Kilometer vom Airport Ben Gurion entfernt eine Rakete eingeschlagen sei, hieß es.

Offensive forderte in drei Wochen 620 Todesopfer

Gleichzeitig forderte die israelische Militäroffensive im Gazastreifen am Dienstag weitere Todesopfer. Bis zum Abend stieg die Zahl der Toten auf 620 und die der Verletzten auf 3752. Bis zu 200 000 Menschen sollen in dem abgeriegelten Küstenstreifen auf der Flucht vor Tod und Verwüstung sein. Militante Palästinenser schossen 41 Raketen auf Israel ab, teilte die israelische Armee mit. Menschen wurden dabei nicht verletzt.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon und US-Außenminister John Kerry forderten ein sofortiges Ende der Gewalt. "Hört auf zu kämpfen und fangt an zu verhandeln!", rief Ban am Dienstag bei Besuchen in Tel Aviv und Ramallah Israelis und Palästinensern zu. Die US-Fluglinie Delta stellte ihre Flüge nach Israel wegen des Raketenbeschusses aus Gaza vorerst ein.

Diplomaten verlangen Ende der Gewalt

Kerry appellierte am Dienstag in Kairo insbesondere an die radikal-islamische Hamas, einer Feuerpause mit Israel zuzustimmen. "Die Hamas muss eine grundlegende Entscheidung treffen, die eine erhebliche Auswirkung auf die Menschen in Gaza hat", sagte Kerry nach einem Treffen mit seinem ägyptischen Kollegen Samih Schukri.

Ägypten hatte eine Waffenruhe vorgeschlagen, die die Hamas jedoch ablehnt. Kernforderung der Hamas für eine Waffenruhe ist eine Aufhebung der Blockade des Gazastreifens durch Israel und Ägypten. Sie ist in dem ägyptischen Vorschlag nicht enthalten.

Deutsch-palästinensischer Vater und seine Familie sterben

Unter den Todesopfern ist auch eine deutsch-palästinensische Familie. Nach palästinensischen Angaben handelt es sich um den 53-jährigen Ibrahim al-Kilani, seine 47 Jahre alte Frau Taghrid und fünf Kinder im Alter von 4 bis 12 Jahren. Der Familienvater hatte in den 1990er Jahren in Nordrhein-Westfalen und Hessen gelebt. Die Familie sei am Montagabend bei einem Luftangriff auf ein Gebäude in der Stadt Gaza getötet worden.

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts sagte in Berlin: "Wir müssen aufgrund mehrfacher Hinweise davon ausgehen, dass es sich bei den Toten um diese Familie handelt."

Im Fall eines israelischen Soldaten, der angeblich in der Hand der Hamas ist, soll Israel Deutschland um Hilfe gebeten haben. Nach Informationen des arabischen Senders Al-Arabija geht es dabei möglicherweise um Vermittlungsbemühungen. Der israelische Soldat, der an der Bodenoffensive beteiligt war, könnte demnach tot oder lebendig in den Händen der militanten Palästinenser sein. Eine Bestätigung Israels dafür gab es zunächst nicht.

Die USA geben 47 Millionen Dollar für Gaza

Die humanitäre Krise in Gaza werde von Tag zu Tag schlimmer, sagte US-Außenminister Kerry. "Wir haben zu viel Blutvergießen auf allen Seiten gesehen." Nach einer Waffenruhe müsse in ernsthaften Verhandlungen über alle Anliegen gesprochen werden, "die uns dorthin gebracht haben, wo wir heute sind". Die USA geben 47 Millionen Dollar (34,7 Millionen Euro) für humanitäre Hilfe im Gazastreifen.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu warf der im Gazastreifen herrschenden Hamas vor, mehr Verluste unter der eigenen Bevölkerung anzustreben. "Sie wollen, ich wiederhole, wollen mehr zivile Opfer", sagte er. "Israel tut, was jedes Land tun würde, wenn Terroristen Raketen auf seine Städte hageln lassen würden", sagte der Regierungschef. Die Hamas missbrauche Hilfslieferungen von Zement für neue "Terror-Tunnel" nach Israel. Israel habe eine Waffenruhe akzeptiert, Hamas jedoch abgelehnt. "Wir haben diese Eskalation nicht gewählt."

Israel verlor bislang 27 Soldaten und zwei Zivilisten

Auf israelischer Seite wurden 27 Soldaten und zwei Zivilisten getötet, mehr als 120 Soldaten wurden nach Medienberichten verletzt. Etwa 20 000 Israelis nahmen am Begräbnis eines Soldaten in Haifa teil, der bei Gefechten im Gazastreifen getötet worden war. Der 21-jährige Sean Carmeli war auch US-Staatsbürger.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und der Führer der Hamas-Exilorganisation, Chaled Maschaal, erörterten in der katarischen Hauptstadt Doha Möglichkeiten für eine Feuerpause. Palästinensische Führungskräfte sprachen von gewissen Fortschritten, wiesen aber darauf hin, dass eine Einigung zwischen Israel und der Hamas weiterhin nicht in Reichweite sei.

Nach gescheiterten Friedensinitiativen und andauerndem Beschuss aus dem Gazastreifen hatte Israel am 8. Juli mit Luftangriffen auf Ziele der Hamas begonnen. Am 17. Juli startete Israel seine Bodenoffensive. Damit sollen die Hamas-Tunnel zerstört und die Raketenangriffe auf Israel unterbunden werden. (dpa)