Kiew. Die Ukraine will im Konflikt mit den Separatisten im Osten des Landes die Streitkräfte stärken und hat eine Teilmobilmachung der Bevölkerung beschlossen. Die ukrainische Armee steht im Ruf, extrem schlecht mit Personal, Nahrung und Technik ausgestattet zu sein.

Die Ukraine hat zur Lösung des blutigen Konflikts im Osten des Landes eine Teilmobilmachung der Bevölkerung beschlossen. Das Parlament in Kiew bestätigte am Dienstag einen entsprechenden Erlass des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko am Dienstag. Die Teilmobilmachung bedeutet die Masseneinberufung von Männern im wehrdienstfähigen Alter sowie von Reservisten. Die Oberste Rada stimmte mit knapper Mehrheit von 232 Stimmen für den umstrittenen Schritt.

Die ukrainische Armee steht im Ruf, extrem schlecht mit Personal, Nahrung und Technik ausgestattet zu sein. Mit den zusätzlichen Kräften sowie weiterer Ausrüstung will Poroschenko noch härter gegen die prorussischen Separatisten in der Ostukraine vorgehen.

Poroschenko begründete den Schritt mit einer Sicherung der nationalen Unabhängigkeit der Ukraine. Die prorussischen Kräfte in der Ostukraine wollen eine Abspaltung der Gebiete Donezk und Lugansk von Kiew erreichen.

Separatisten übergaben Malaysia Black Boxes von Flug MH17

Die Flugschreiber der in der Ostukraine abgestürzten Passagiermaschine sind von pro-russischen Separatisten an eine malaysische Delegation in der Ukraine übergeben worden. Dies berichtete der Korrespondent des US-Nachrichtensenders CNN in der Nacht zum Dienstag.

Malaysias Ministerpräsident Najib Razak hatte am Montag angekündigt, er habe eine entsprechende Übereinkunft mit dem ostukrainischen Separatistenführer Alexander Borodaj erreicht. Eine Delegation von zwölf Experten aus Malaysia hatte nach Angaben der russischen Agentur Interfax den Tag über in Donezk mit den Separatisten verhandelt.

Borodaj sagte bei der Übergabe der Black Boxes am frühen Dienstagmorgen, sie "werden die Wahrheit enthüllen". Er bestritt Anschuldigungen, nach denen die Separatisten das Flugzeug abgeschossen hätten. "Wir haben nicht die technische Fähigkeit, dieses Flugzeug zu zerstören", sagte Borodaj.

Satellitenaufnahmen und Karten mit Flugbahnzeichnungen vom Absturztag

Wenige Stunden vor einer Sitzung des UN-Sicherheitsrates in New York präsentierte derweil der russische Generalstab am Montag in Moskau Satellitenaufnahmen und Karten mit Flugbahnzeichnungen vom Absturztag. Das Militär forderte die Ukraine auf, Auskunft über einen Kampfjet zu geben, der sich der Unglücksmaschine genähert haben soll. Kiew müsse auch die Gründe für die Stationierung des Flugabwehrsystems "Buk" im Separatistengebiet erklären, da die Aufständischen nicht über Flugzeuge verfügten. Die Separatisten lenkten nach heftiger Kritik am Umgang mit Absturzopfern allmählich ein und erleichterten die Arbeit der Experten damit.

Nach Angaben des russischen Militärs näherte sich ein Abfangjäger vom Typ Suchoi-25 der Malaysia-Airlines-Boeing am Donnerstag bis auf fünf Kilometer. So ein Kampfjet sei mit Luft-Luft-Raketen bewaffnet, die auf diese Entfernung ein Ziel hundertprozentig zerstören könnten, sagte Generalleutnant Andrej Kartopolow vom russischen Generalstab. Er rief die Amerikaner auf, eigenes Kartenmaterial vom Absturztag zu veröffentlichen.

USA verdächtigen Separatisten

Die USA verdächtigen die Separatisten, die Zivilmaschine mit 298 Menschen an Bord mit einer Boden-Luft-Rakete abgeschossen zu haben. Zuvor hatte die Ukraine behauptet, umfassende Beweise - darunter Satellitenaufnahmen - dafür zu haben, dass die prorussischen Kräfte mit einem "Buk"-System auf die Boeing 777-200 geschossen hätten.

Beobachter befürchten, dass wegen der tagelangen Behinderungen durch die Separatisten und Eingriffen in das Trümmerfeld eine exakte Ermittlung der Absturzursache kaum mehr möglich ist. Angehörige klagen über mangelnden Respekt vor den Toten.

Die moskautreuen Kräfte kämpfen für die Abspaltung von der Ukraine. Die russisch geprägte Region Donbass erkennt die proeuropäische Führung in Kiew nicht an. Bei den Kämpfen starben bislang Hunderte Menschen.

Noch keine neuen Sanktionen gegen Russland

Die Europäische Union wird am Dienstag noch keine verschärften Sanktionen gegen Russland beschließen. Dies machte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton zu Beginn eines Treffens der EU-Außenminister in Brüssel deutlich. Es gehe lediglich darum, den EU-Botschaftern Anweisungen für die weitere Ausarbeitung solcher Sanktionen zu geben. Es ist das erste Treffen der EU-Außenminister seit dem Absturz einer Boeing über der Ostukraine in der Vorwoche.

Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten am 16. Juli beschlossen, bis Ende Juli sollten auch russische Firmen und Finanziers der Separatisten in der Ostukraine auf eine schwarze Liste der EU gesetzt werden. Die Minister hätten verschiedene Möglichkeiten zu Entscheidungen, sagte Ashton.

Die EU werde bei allen Entscheidungen darauf achten, dass die Interessen der niederländischen Regierung nach dem Absturz der malaysischen Passagiermaschine gewahrt blieben. "Wir fordern Russland auf, zu tun, was es tun kann. Und es kann und muss sicher mehr tun, damit jene, die sich als Separatisten verstehen, die Botschaft verstehen, dass dies keine hinnehmbare Situation ist", sagte Ashton.

Schachtjor-Profi: "Tödliches Risiko" für Spieler in Ukraine

Der Brasilianer Douglas Costa sieht das Leben der Profis beim Fußballclub Schachtjor Donezk in der Ukraine in Gefahr. Die Spieler gingen "ein tödliches Risiko ein, falls sie in der Region sind", teilte Costa mit. Er und seine Landsleute Alex Teixeira, Fred, Dentinho, Ismaily sowie der Argentinier Facundo Ferreyra hatten am Samstag nach einem Testspiel in Frankreich den Rückflug nach Donezk verweigert. Man wolle den Verein nicht wechseln, aber während des Ukraine-Konflikts anderswo trainieren. In der Ostukraine liefern sich die ukrainische Armee und prorussische Separatisten seit längerem heftige Gefechte. (dpa)