Berlin. . Dass die Pkw-Maut nicht nur auf Autobahnen kassiert werden soll, sorgt in deutschen Grenzregionen für Unruhe. In SPD und CDU mehren sich Rufe, darauf zu reagieren – vor allem in NRW. Und selbst die CSU streitet über Ausnahmen.

Gegen die Pläne von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) für eine Pkw-Maut baut sich immer größerer Widerstand in den Ländern auf. Vor allem für grenznahe Regionen fürchten zahlreiche Landesregierungen Nachteile.

Ob regionale Ausnahmen von der Maut solche Probleme mildern können, ist aber umstritten - Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen etwa lehnen Sonderregelungen für Grenzregionen ab und halten das gesamte Paket für falsch.

Dobrindt gab sich gestern gelassen. Die Abstimmung über das Konzept werde „Stück für Stück vorangebracht“, erklärte sein Sprecher. Doch tatsächlich droht dem Plan Stück für Stück das Aus. Selbst wenn die EU-Kommission zustimmen sollte, was völlig ungewiss ist, werden sich wohl die Länder querlegen - deren Zustimmung im Bundesrat bräuchte Dobrindt aber für sein Konzept.

Nullsummenspiel durch hohe Verwaltungskosten

Die neue Debatte hatte der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) entfacht, als er am Wochenende forderte, grenznahe Gebiete von der Pkw-Maut auszunehmen. Dass Dobrindt die Gebühr nicht nur für Autobahnen, sondern für alle Straßen wolle, werde sonst dazu führen, dass der kleine Grenzverkehr abnehme und die regionale Wirtschaft Einbußen erleide, fuhr Hermann dem Parteifreund in die Parade.

Dobrindt will die Maut ausweiten, weil sie allein für Autobahnen wegen der Verwaltungskosten unterm Strich zum Nullsummenspiel würde. Die problematischen Konsequenzen seines Vorschlags für die Grenzregionen werden in fast allen Bundesländern gesehen. Ausnahmen von der Maut befürworten trotzdem nur wenige Landesregierungen - die Mehrzahl fürchtet den bürokratischen Aufwand.

Niedersachsens Verkehrsminister Olaf Lies (SPD) erklärte, in der Analyse sei man sich mit der Kritik aus Bayern einig, Grenzregionen drohten wirtschaftliche Nachteile. Aber Ausnahmen ließen den Sinn der ohnehin zweifelhaften Straßengebühr (“bürokratisches Ungetüm“) nur noch zweifelhafter erscheinen.

Außer Seehofer kommt keine Unterstützung aus den eigenen Reihen

So sieht es auch die NRW-Landesregierung. Verkehrsminister Michael Groschek (SPD), erklärter Gegner der Pkw-Maut, wies den Vorstoß aus Bayern zurück: Änderungsanträge für einen nichttauglichen Versuch seien nicht sinnvoll. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat bereits angekündigt, er werde im Bundesrat die Maut ablehnen.

Die CDU-Europaabgeordneten aus NRW machen unterdessen in einem Brief an Dobrindt „steuer-, verkehrs- und europapolitische Gründe“ gegen die Maut geltend und fordern den Minister auf, sein Konzept grundlegend zu überdenken.

Fast schlimmer ist es für den Minister, dass außer CSU-Chef Horst Seehofer fast niemand in der Koalition sein Konzept offensiv unterstützt. Führungsleute von CDU und SPD sind skeptisch, geben Bedenken aber wie jetzt Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nur vorsichtig zu Protokoll und halten sich ansonsten aus Koalitionsräson öffentlich bedeckt. Intern klingt es ganz anders: „Dobrindt“, sagt etwa ein SPD-Spitzenpolitiker, „wird mit der Maut ganz sicher scheitern.“