Düsseldorf. . Ich verdanke Peter Ramsauer die ereignisreichsten, anstrengendsten und schönsten Monate meines Lebens. Der CSU-Mann hatte 2007 die Einführung des Elterngeldes mit krachlederner Kritik begleitet. Die im Gesetz vorgesehenen „Väter-Monate“, ein emanzipatorischer Anreiz seiner Kabinettskollegin Ursula von der Leyen, verhöhnte Ramsauer als „Wickelvolontariat“, das kein echter Kerl brauche.
Mein Interesse war geweckt. Für Januar 2008 kündigte sich die Geburt unserer ersten Tochter an. Taschenrechner, Kalender, einige Kollegentelefonate – die Entscheidung war getroffen. Zwei Monate nur für das Baby, 67 Prozent vom Netto und 100 Prozent Veränderung. Bei der zweiten Tochter 2012 stockte ich auf vier Monate Elternzeit auf, ging dafür Teilzeit ins Büro. Das natürliche Unbehagen, es dem Arbeitgeber zu sagen, erweist sich zumindest in einem Großunternehmen als ziemlich unbegründet: Der Personalchef machte mir kein schlechtes Gewissen, sondern schickte Glückwünsche und herzliche Grüße.
Die Vorstellung vom Langzeiturlaub mit gelegentlichem Windelwechseln wurde schnell korrigiert durch den Alltag an der Wickelfront: Ich tauschte nur eine Fremdbestimmung gegen die andere. Statt Konferenzen, Terminen und Telefonaten jetzt Tragen und Trösten, Fläschchen exakt nach Weltzeituhr oder allgemeine Motivforschung (Bauchweh, Hunger, müde oder doch schon Zähne?).
Bäuerchen und Mittagsschlaf
Entlohnt wird dafür mit tiefer Rührung. Über die Augenzeugenschaft bei der ersten Halbdrehung, ein sattes Bäuerchen oder einen störungsfreien Mittagsschlaf.
Kommt man sich als Vater in Elternzeit nie blöd vor? Doch, das kommt vor. Im überhitzten Raum des Pekip-Kurses, wenn man sein brüllendes Kind mit flehentlichem Unterton animiert, doch bitte dieser Seifenblase nachzuschauen. Oder bei der Baby-Massage im Schein einer Duftkerze, wenn um einen herum die Nachwirkungen eines Dammschnitts diskutiert werden. Oder wenn die Bäckerei-Verkäuferin werktags verlässlich fragt: „Haben Sie heute frei?“
Ob das Elterngeld das Familienbild „revolutioniert“, wie Erfinderin von der Leyen einmal etwas eitel mutmaßte? Auch Papas ohne „Väter-Monate“ können heute in der Regel Windeln wechseln, Schlaflieder singen und Brei anrühren. Nur haben sie dafür niemals eine bezahlte Auszeit genommen.
Das ist ein nicht mehr korrigierbares Versäumnis.