Essen. . Der Osten der Ukraine ist umkämpftes Gebiet: Wieso durften dort zivile Flugzeuge fliegen? Nach dem Absturz der malaysischen Boeing mit 298 Menschen an Bord fordert der Grünen-Luftfahrtexperte Markus Tressel einheitliche Regeln für Flugverbote. Er sieht auch die Fluglinie in der Verantwortung - und die Flugaufsichtsbehörden.

Vieles deutet auf einen Abschuss hin: Beim Absturz einer malaysischen Boeing 777 auf dem Flug von Amsterdam nach Kuala Lumpur sind am Donnerstag im Osten der Ukraine 298 Menschen getötet worden. Das Unglück geschah über umkämpftem Gebiet. Wieso durften dort überhaupt zivile Flugzeuge fliegen? Der grüne Bundestagsabgeordnete Markus Tressel ist Luftverkehrs-Experte seiner Fraktion. Er fordert: Kriegsgebiete müssen „weit umflogen“, die Warnungen vor für den Flugverkehr gefährlichen Regionen einheitlich und nach transparenten Regeln erfolgen.

Für Syrien lag eine Warnung der Bundesregierung vor: „Es wird dringend geraten, den Flugraum über Syrien zu meiden“. Für die Ukraine gab es das nicht. Ist das in Ordnung?

Markus Tressel: Natürlich nicht. Man hat eine fehlerhafte Risikobewertung vorgenommen. Ich frage mich: Gibt es keine nachvollziehbaren und einheitlichen Kriterien für solche Reisewarnungen? Die brauchen wir dringend. Das Auswärtige Amt sagt, es gibt sie. Aber sie wurden nie öffentlich gemacht.

Wie haben sich die Gefahren für den Flugverkehr entwickelt?

Markus Tressel: Diese Kriege werden nicht mehr ausschließlich mit der Kalaschnikow geführt, die einem Jet in zehn Kilometer Höhe nicht mehr gefährlich werden kann. Wir wissen heute, dass alle möglichen Rebellengruppen über Techniken und Waffen verfügen, die ein solches Flugzeug vom Himmel holen können.

Trauer um die Opfer des Absturzes - Online-Kondolenzbuch

Die Boeing 777-200 war am Donnerstag nach einem mutmaßlichen Raketenbeschuss in dem von Rebellen kontrollierten Gebiet abgestürzt.

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Sehen die Fluggesellschaften das anders?

Markus Tressel: Das weiß ich nicht. Zumindest verstehe nicht, dass sie so nachlässig sein konnten und einfach weiter über stark umkämpfte Gebiete geflogen sind.

Spielen dabei auch finanzielle Überlegungen eine Rolle?

Markus Tressel: Ich glaube schon. Vielen Airlines geht es wirtschaftlich nicht sehr gut. Die großen Treiber sind die Energiekosten. Vielleicht hat man also die wirtschaftlichste Route gewählt in der Hoffnung, es wird schon nichts passieren.

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Welche Konsequenzen müssen aus dem Abschuss von Flug MH17 gezogen werden?

Markus Tressel: Ab jetzt gibt es kein Vertun mehr. Solche Lufträume müssen weit umflogen werden, um Opfer zu vermeiden. Und alle Fluggesellschaften sind gut beraten, den großen Bogen zu machen, selbst wenn es keine Anweisungen dazu gibt.