Berlin. . Nachdem die Kette der Spionagefälle nicht abreißt, will die Bundesregierung erstmals einen US-Diplomaten offiziell ausweisen. Sie forderte gestern den Vertreter der US-Geheimdienste in Berlin auf, Deutschland zu verlassen. Von den USA gab es dazu zunächst keine Reaktion.

Vertreter aller Parteien begrüßten die Ausweisung und verstanden sie als Signal, weil die USA bisher wenig zur Aufklärung der NSA-Affäre beigetragen haben. Hinzu kamen zuletzt zwei Spionagefälle, die in Berlin für Empörung sorgten.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist entsetzt über „so viel Dummheit“ – der USA. Ähnlich reagierte Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Verteidigungsmisterin Ursula von der Leyen (CDU) sagte: „Ich glaube, es ist richtig, dass die Bundesregierung heute ein ganz klares Zeichen gesetzt hat, dass sie diese Art des Vertrauensbruchs nicht mehr tolerieren wird und dass wir einen Neuanfang miteinander wagen müssen.“

„Das ist schon ein ganz, ganz dicker Hund.“

Unterdessen wurden im parlamentarischen Kontrollgremium (PkGr) der Geheimdienste weitere Details über die jüngsten Spionagefälle bekannt. Vom Tisch ist aber der Verdacht, dass die US-Geheimdienste gezielt den NSA-Untersuchungsausschuss im Bundestag ausgespäht haben. Unter den 218 Dokumenten, die ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) verriet, befand sich nur eine Unterlage, die für den Ausschuss bestimmt war. Der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele geht gleichwohl davon aus, dass der BND-Fall gravierend ist: „Das ist schon ein ganz, ganz dicker Hund.“

Die Beweislage im Fall des mutmaßlich für US-Geheimdienste arbeitenden Referenten im Verteidigungsministerium gilt als schwierig. Von der Leyen sprach von einem Vertrauensverlust, der „bitter“ sei. Der gesunde Menschenverstand sage ihr, dass zwischen befreundeten Nationen gar nicht so viele relevante Informationen gesammelt werden könnten, „wie auf der anderen Seite Vertrauen zerstört wird.“

De Maizière nannte die gewonnenen Informationen sogar „lächerlich“. Der Minister sei wohl nicht ausreichend informiert, „sonst hätte er das so nicht sagen können“, kommentierte Ströbele. Auch der Vize- Vorsitzende des Kontrollgremiums, André Hahn (Linke), widersprach der Einschätzung de Maizières. Der mutmaßliche Spion beim BND habe brisante Unterlagen geliefert.