Berlin/Recklinghausen. . Seine Haltung zu Russland bringt dem CDU-Mann viel Kritik ein. Er selbst hält die Aufregung für übertrieben – und hofft auf einen sicheren Listenplatz für die nächsten Bundestagswahlen. Denn daheim, im Wahlkreis Recklinghausen, steht die CDU auf verlorenem Posten.

Wir sitzen im Restaurant im Bundestag, als Gerd Müller um die Ecke kommt, wohlgemerkt: der Entwicklungshilfeminister von der CSU. Er haut Philipp Mißfelder freundschaftlich an, mustert den Journalisten am Tisch und frotzelt im breitesten Bayrisch: „Macht’s mir den guten Mann nicht kaputt.“

Es gibt Grund, sich um den CDU-Außenpolitiker zu sorgen.

In der Unions-Fraktion gibt es Unmut, seit Mißfelder auf dem Höhepunkt der Ukraine-Krise nach St. Petersburg zur Geburtstagsparty von Altkanzler Gerhard Schröder flog und Kanzlerin Angela Merkel im Unklaren ließ. Zuletzt machte ein Artikel der FAZ in Berlin die Runde, in dem die Ost-Kontakte des CDU-Manns kritisch hinterfragt wurden und in dem er als jemand porträtiert wurde, der auf kritische Fragen mit Anwälten und einschüchternden Briefen antwortet.

Der Mann aus Recklinghausen kommt nicht aus den negativen Schlagzeilen. In dieser Woche erhielt er dazu gerade mal acht Bürgerreaktionen. „Es ist ein Thema für die politische Klasse“, sagt er. Allein, im September werden alle Ämter in der Fraktion neu gewählt. Es wird spekuliert, ob der außenpolitischer Sprecher abgewählt oder einen Dämpfer erhält, weil er Feinde hat, auch weil er zu Putin-freundlich sei und weil ein Außenpolitiker, der mit Medien über Anwälte kommuniziert, irgendwie nicht die allerbeste Werbung ist.

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Rückendeckung von Hintze

Es geht aber auch anders. Der Termin mit dieser Redaktion kam binnen weniger Stunden zustande. Und was Mißfelders Wiederwahl betrifft, legt sich sein Kollege Peter Hintze fest: Er werde „mit Sicherheit in seinem Sprecheramt bestätigt“. Das ist ein Wort. Hintze ist eine Autorität in der Fraktion, weil er nahe bei der Kanzlerin ist und die NRW-Landesgruppe führt. Ein mächtiger Block. Mißfelder habe die „volle Unterstützung“, sagt Hintze.

Selten verpasst Philipp Mißfelder eine Sitzung. Viele berichten dort, dass er sich für Kollegen einsetze. Das könnte jetzt seine Rettung sein.

Fragt man Mißfelder, ob er um seine Wiederwahl bange, antwortet er: „Nein, dafür habe ich zu viele Solidaritätsbekundungen in den letzten Tagen bekommen“. Er weiß aber auch, dass es Heckenschützen gibt. Mißfelder kann ruppig sein, er fühlt sich auch schnell angegriffen. Er weiß, „einige Leute mögen mich sowieso nicht.“ Und doch habe es auch viele Kollegen gegeben, die Verständnis gezeigt haben“.

Die Zeit in der Jungen Union ist für den 35-jährigen abgelaufen

Die Sache mit der Schröder-Party schien ausgestanden. Es gab Ärger, weil er eine Gremiensitzung verließ und gegenüber Merkel kein Wort über den Trip verlor, ebenso wenig gegenüber Fraktionschef Volker Kauder. Der übte Kritik, es gab eine Aussprache in der Fraktion. „Damit war es erledigt.“ Glaubte er.

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Mißfelder ist ein Tausendsassa: Fraktion, Präsidium, Chef der Jungen Union, Schatzmeister der NRW-CDU, er berät einen Verlag in Kempen und ist – ehrenamtlich – in einer Vielzahl von Vereinen und Stiftungen aktiv, in der Atlantik-Brücke genauso wie im Deutsch-Russischen Forum. Es ist alles hinlänglich bekannt und korrekt im Bundestag angegeben. Aber es gibt offenbar den Verdacht, dass er in Russland geschäftlich tätig ist. Wofür ein Beweis fehlt. Darum ging es wohl im Streit mit der FAZ. „Ich habe unzählige Anfragen beantwortet, im Grunde wöchentlich, über Monate hinweg“, versichert Mißfelder. An der Art der Fragen habe er geahnt, dass „ein großer Verriss“ in der Mache war. Als dann auch der Vorwurf der Lüge im Raum stand, schickten seine Anwälte „zwei Warnschreiben“.

„Mit Putin im Gespräch bleiben“

Mißfelder rechtfertigt sich. Er sei gegen die völkerrechtliche Annexion der Krim durch die Russen, aber trotzdem der Ansicht, „dass man im Gespräche bleiben muss“. Die Altkanzler Schröder, Kohl, Schmidt äußerten sich ähnlich, sagt er süffisant: „In dieser Gesellschaft fühle ich mich nicht so unwohl.“

Mißfelder macht eine schwierige Phase durch. Im August wird er 35, dann scheidet er bei der JU aus; eine Machtbasis geht verloren. Daheim in Wahlkreis, in Waltrop, Recklinghausen und Castrop-Rauxel, hat er nach eigenen Worten zwar viel Solidarität erfahren. Die Wahrheit ist aber, dass CDU-Leute dort auf verlorenem Posten stehen. Mißfelder ist wie so viele andere aus der Ruhrgebiets-CDU auf einen Listenplatz angewiesen.