Washington. .
„Amerikas gegenwärtige Drohnen-Politik öffnet die Tür zu einer gefährlichen und instabilen Zukunft.“ Zu diesem Ergebnis der unter Präsident Barack Obama enorm ausgeweiteten Einsätze von ferngesteuerten unbemannten Flugkörpern zur Terrorabwehr kommen eine überparteiliche Expertengruppe um General John P. Abizaid und Jura-Professorin Rosa Brooks von der Georgetown Universität in Washington.
„Kosten-Nutzen-Analyse“
In einer Studie für die Denkfabrik Stimson Center haben die Autoren, zu denen auch ehemalige CIA-Fachleute gehören, intensiv die Frage der Legitimität gezielter Tötungen auf fremdem Boden erörtert. Sie sind dabei auf die ernüchternde Erkenntnis gestoßen, dass rund ein Jahrzehnt nach dem ersten Einsatz bewaffneter Drohnen Amerika noch immer keine „Kosten-Nutzen-Analyse“ vorgenommen hat, wenn es um die wachsende Automatisierung und Autonomisierung unbemannter Kampfsysteme geht. Resultat: Die heute praktizierte Drohnen-Doktrin beschädigt „die Glaubwürdigkeit der USA, unterläuft die Rechtsstaatlichkeit und schafft einen möglicherweise destabilisierenden Präzedenzfall, den despotische Regime weltweit unzweifelhaft ausbeuten werden“.
Zur Verdeutlichung kreieren die Autoren den theoretischen Fall, bei dem Russlands Präsident Wladimir Putin in der Ukraine als gefährlich eingestufte Individuen mit Hilfe von Drohnen-Anschlägen töten lässt. Und sich bei der Begründung eins zu eins der Argumentation des Weißen Hauses bedient. Danach dürfen verdächtige Extremisten auf fremdem Boden getötet werden, wenn sie eine akute Gefahr für die nationale Sicherheit darstellen und es nicht möglich ist, sie gefangen zu nehmen. Beweise für die Anschuldigungen werden allerdings nie öffentlich. Fazit: Die USA könnten Putin niemals glaubhaft in die Parade fahren.
Abizaid und Brooks stellen nicht in Abrede, dass der Einsatz von Drohnen „bedeutenden taktischen Erfolg in einigen Regionen“ gebracht hat, auch wenn dadurch weder das Erstarken sunnitischer oder schiitischer Terrornetzwerke eingedämmt worden wäre.
Allerdings seien bei den bisher geschätzten 1000 Drohnen-Einsätzen nirgends „dauerhafte strategische Ziele“ erreicht worden. „Im Gegenteil. Blindes Vertrauen in gezielte Schläge abseits heißer Schlachtfelder produziert ein nennenswertes Risiko von Rückschlägen und eine noch stärkere Rekrutierungswelle von Terroristen“.
Posttraumatischer Stress
Schließlich verlangen die Autoren, dass die USA eine Führungsrolle bei dem Bemühen übernimmt, international bindende Normen für den Einsatz „tödlicher Gewalt außerhalb klassischer Kriegsschauplätze“ festzulegen. Ein Grund: Die verbreitete Auffassung, wonach der Einsatz von Drohnen im Militär eine Art „PlayStation-Mentalität“ befördere, sei von der Realität nicht gedeckt. Da die Drohnen-Piloten ihre Zielpersonen oft über Wochen via Satellit beschatten müssten und die Tötung am Bildschirm in Echtzeit verfolgten, sei ihr Risiko, an posttraumatischen Stress-Symptomen zu erkranken, um etliches höher als bei Kampfjet-Piloten.