Berlin. . Die Union fordert, das Mindestalter von Prostituierten auf 21 Jahre hinaufzusetzen. Dies stößt auf Widerstand bei Fachleuten und Landesregierungen. Frauenministerin Steffens warnt davor, die Altersgrenze anzuheben: Jüngere Frauen, die dennoch die Prostitution ausüben wollen, würden kriminalisiert.
Sind 18-Jährige zu jung fürs Rotlichtmilieu? Die Union sagt eindeutig: Ja. Sie will das Mindestalter für Prostituierte auf 21 Jahre erhöhen. Unter Experten ist das umstritten. Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) soll Vorschläge zu einer Reform des Prostitutionsgesetzes machen – in ihrem Haus bezweifeln aber viele, dass eine höhere Altersgrenze praxistauglich wäre.
Mindestalter 21: Damit könnte der Staat 19-jährigen Studentinnen verbieten, Sex gegen Geld zu verkaufen. Er könnte auch den 18-jährigen Mädchen aus Osteuropa verbieten, in Deutschland auf den Strich zu gehen. Doch wer hält sich daran und wer kontrolliert das? Die Debatte um die Altersgrenze zeigt, wie schwer es fällt, die Prostitution in Deutschland neu zu regeln.
Dass es höchste Zeit dafür ist – darin sind sich die meisten jedoch einig: Durch seine liberale Gesetzgebung ist Deutschland in den Augen der Union zum „Bordell Europas“ geworden, eine Drehscheibe für Frauenhandel, Armuts- und Zwangsprostitution. Auch die SPD beklagt ein System, das zu wenig kontrolliert wird. „Das Schlimme an Prostitution in Deutschland ist, dass sie ohne Regeln abläuft und dass brutale Ausbeutung und Gewalt verbreitet sind“, so Ministerin Schwesig.
Kontrolle und Anmeldepflicht
Die Union setzt auf schärfere Kontrollen, eine Anmeldepflicht für Prostituierte und ein Verbot für unter 21-Jährige: „Polizei und Hilfsorganisationen sagen, dass die Nachfrage nach ganz jungen Mädchen extrem zugenommen hat“, so Unionsfraktionsvize Nadine Schön gegenüber dieser Zeitung. „Es ist ein eindringlicher Appell an die Politik. Wir werden deshalb für ein höheres Mindestalter kämpfen.“ Die Union will eine Paketlösung: „Eine Altersbeschränkung auf 21 Jahre funktioniert nur zusammen mit einer Anmeldepflicht für alle Prostituierten: So kann bei Kontrollen leicht festgestellt werden, wer gegen die Altersgrenze verstößt.“
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Altersbeschränkungen gibt es auch in anderen Berufen – etwa bei Busfahrern. Meist soll dadurch die Allgemeinheit vor Gefahren jugendlicher Unerfahrenheit geschützt werden. Bei den Prostituierten dagegen wäre es umgekehrt. Die Grünen finden das verfassungsrechtlich bedenklich. Nur in Ausnahmefällen lasse das Recht zu, Erwachsene vor sich selbst zu schützen.
Das Lager der Befürworter einer 21-Jahre-Grenze ist breit: Das Bundeskriminalamt und die Polizeigewerkschaft GdP stehen dahinter, auch der Städtetag und der Landkreistag, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Frauenbüros sowie einige Bundesländer. Das wichtigste Argument: Je älter die Frauen sind, desto besser sind sie in der Lage, eine selbstbestimmte Entscheidung für oder gegen die Prostitution zu treffen. Ordnungsämter haben noch ein anderes: Da ausländische Pässe nicht immer das wahre Alter einer Person angeben würden, müsse das Alter oft geschätzt werden. Mit einer Grenze von 21 Jahren wäre es leichter, Minderjährige zu schützen
„Keine Abschreckung“
Gegen eine 21-Jahre-Grenze sind die Grünen, etliche Bundesländer, die Berufsverbände der Prostituierten, die Diakonie oder Beratungsstellen wie die Dortmunder Mitternachtsmission. Sie befürchtet, „dass unter 21-Jährige dann in besonders riskanten Bereichen arbeiten würden und so eher Opfer von Ausbeutung und Gewalt werden“.
Das Bündnis der Beratungsstellen für Sexarbeiter hält eine höhere Altersgrenze für wirkungslos: „Junge Erwachsene werden sich von einem Verbot nicht abschrecken lassen.“ Der Vorschlag gehe „an der Lebenswirklichkeit in der Sexarbeitsbranche vorbei“, kritisiert auch der Berufsverband Erotische und Sexuelle Dienstleistungen. Experten fürchten zudem, dass unter 21-jährige Prostituierte aus Angst vor einer Anzeige keine Beratungs- und Hilfsangebote annehmen würden.