Düsseldorf.

Demokratie hat ihren Preis. Deshalb leistet sich der Düsseldorfer Landtag neben der Präsidentin gleich vier Vizepräsidenten – pro Fraktion einen. Ausgestattet jeweils mit schwerem Dienstwagen (A8), Fahrer und einer halben Bürostelle. Vize-Präsident Daniel Düngel von der Piraten-Partei hat das Politiker-Privileg jetzt offenbar überreizt: Der Pirat hat sein Leasing-Auto häufig selbst kutschiert (aus Versicherungsgründen verboten) und soll nicht zuletzt durch Privatfahrten zu viele Kilometer zurückgelegt haben (58 000 pro Jahr). Als Landtagspräsidentin Carine Gödecke (SPD) darauf die Richtlinien für Privatfahrten verschärfte, gab der politische Freibeuter das PS-starke „Luxusschiff“ freiwillig zurück.

Der Bund der Steuerzahler mahnt seit Jahren, dass der Landtag mehr sparen muss. In diesem Jahr umfasst der Etat 124 Millionen Euro – einschließlich der Diäten von 10 726 Euro monatlich für die 237 Abgeordneten. Allein die Abgeordnetenbezüge und Pensionen für Ehemalige und Hinterbliebene summieren sich auf 45 Millionen Euro. Für die fünf Fraktionen SPD, CDU, Grüne, FDP und Piraten sprudeln zudem 13,7 Millionen Euro Zuweisungen. Dass das runde Haus am Rhein gleich vier Vizes braucht, hält Heiner Cloesges vom Steuerzahlerbund für überflüssig. „Ich sehe keine sinnvolle Funktion.“ So leiten die mit 25 Prozent Gehaltszuschlag üppig dotierten Vizepräsidenten an gerade zwei Tagen im Monat für einige Stunden die Plenarsitzung, betreuen ab und an eine Besuchergruppe oder bereisen eine Schule. Ein Ex-Stellvertreter bekennt offen: „Viel zu tun war da nicht.“ Anreise und Heimfahrt per Dienstauto sind teurer Standard.

Dass das Parlament ein lebendiges Haus ist, beweist die inflationäre Zahl der Anhörungen, bei denen Experten von Verbänden, Gewerkschaften und Wirtschaft über Gesetzespläne beraten. Seit Juni 2010 liefen 224 Anhörungen – vom Jagdgesetz bis zur Inklusion. Kommunen, Kirchen und Sozialverbände stellen regelmäßig Sachverständige ab. Guter Rat ist teuer: Cloesges verlangt höhere Hürden für die Beantragung einer Anhörung. „Oft gibt es nichts Neues, es kostet aber Zeit und Mühen.“ Außer Spesen nichts gewesen. Da beruhigt es nicht, dass in der schwarz-gelben Ära von 2005 bis 2010 gleich 318 Anhörungen stattfanden.

Enquete-Kommissionen

Derzeit tagen drei Enquete-Kommissionen – Themen: Chemische Industrie, Tragfähigkeit öffentlicher Haushalte und wohnungswirtschaftlicher Wandel. Eine vierte „Enquete“ zum Öffentlichen Nahverkehr ist in Planung. Zusätzlich gibt es Parlamentarische Untersuchungsausschüsse (PUA) zur Westdeutschen Landesbank (WestLB) und den Skandalen beim Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB). Nach der Sommerpause soll ein dritter PUA Versäumnisse bei Ermittlungen gegen den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) aufklären helfen. Jeder PUA kostet rund 600 000 Euro - macht für drei PUAs und drei Enquete-Kommissionen drei Millionen Euro. PUA-Kritiker sprechen längst von „Alibiveranstaltungen“, weil die Opposition der Regierung mit dem Kampfinstrument oft „nur eins auswischen will“.

Es wird angebaut

Künftig wird es eng. Das Parlament braucht für die 275 Personalstellen immer mehr Raum. Gerade erst hat der Landtag angebaut, schon müssen weitere externe Räume angemietet werden. „Die Fraktionen sind gefräßig und geben nichts her“, stöhnt ein Verwaltungsbeamter. Neue Kommissionen benötigen Platz für zusätzliche Mitarbeiter und Aktenschränke.

Trotz des gigantischen Schuldenbergs schwärmt Landtagsvizepräsident Eckhard Uhlenberg (CDU) weiter von einem „Haus der Parlamentsgeschichte“. Unmittelbar neben dem schicken Landtagsgebäude fristet die ehemalige Staatskanzlei „Villa Horion“ ein unscheinbares Dasein als Domizil des Petitionsausschusses. Uhlenberg hat einen Traum: Zum 70.Landesgeburtstag 2016 könnte das „Haus der Parlamentsgeschichte“ Besucher über den Landtag informieren. Entschieden ist nichts: Vorsorglich wurde aber schon mal ein eigenes Referat eingerichtet.