Bagdad. .

Bei Iraks Führung herrscht Panik, unter den Bewohnern von Mossul Verzweiflung, während in der Region die Angst umgeht. 24 Stunden nach ihrem spektakulären Einmarsch haben die Al-Kaida-Gotteskrieger die Zwei-Millionen-Metropole komplett unter ihre Kontrolle gebracht. Am Mittwoch stürmten sie das türkische Konsulat und nahmen 48 Personen als Geiseln, darunter den Konsul. Die Bewohner fliehen, wenn sie können. Zu Tausenden stauten sich die Autos an den Ausfallstraßen. „Es ist die Hölle“, berichteten Menschen, die sich im kurdischen Nordirak in Sicherheit bringen wollen.

Denn inzwischen patrouillieren Kolonnen von Geländewagen mit schwarzen Flaggen und maskierten Dschihadisten durch die Wohnviertel. Zahllose Fahrzeuge von Polizei und Armee standen in Flammen. Leichen von Erschossenen lagen auf den Gehwegen. Etwa 200 gepanzerte Geländewagen und mehrere Kampfhubschrauber sind den Extremisten in die Hände gefallen. In den fünf Kasernen von Mossul erbeuteten sie Raketen sowie jede Menge Schusswaffen. Alle Gefängnisse wurden gestürmt, nach Angaben aus Bagdad befreiten die Angreifer mindestens 2500 hochgefährliche Gesinnungsgenossen.

Bereits in der Nacht zu Mittwoch marschierten die Isis-Kommandos weiter in Richtung Süden und griffen die Nachbarprovinzen Kirkuk und Salahaadin sowie die Stadt Tikrit an. Am Abend brachten sie den Geburtsort von Saddam Hussein unter ihre Kontrolle. Zusammen mit den bereits im Januar eroberten Städten Fallujah und Ramadi in der westlichen Provinz Anbar kontrollieren die Gotteskrieger damit mindestens ein Viertel des Irak.

Die amerikanische Regierung zeigte sich „tief besorgt“ und kündigte an, man unterstütze „eine harte und koordinierte Antwort, um die Aggressoren zurückzuschlagen“. Die Regierung in Bagdad werde alle benötigten Hilfen bekommen, denn die Isis-Kämpfer seien nicht nur eine Bedrohung für die Stabilität des Irak, sondern auch für die Stabilität der gesamten Region.

Die irakische Armee jedoch scheint zu einer Gegenoffensive nicht mehr fähig. Viele Soldaten sind durch die endlosen Kämpfe demoralisiert, Abertausende in den letzten Monaten desertiert. Die Al-Kaida-Gotteskrieger wollen offenbar die weit verbreitete Frustration unter den irakischen Sunniten nutzen, um den Irak erneut in einen Bürgerkrieg zu stürzen.