Hagen/Berlin/Olpe. . Verhaltene Reaktionen auf Autobiografie des früheren Bundespräsidenten Christian Wulff

Mit einer Auflage von 50.000 Exemplaren ist sein Werk „Ganz oben – Ganz unten“ gestartet. Die Resonanz des politisch interessierten Publikums im örtlichen Buchhandel hält sich im Rahmen. Zehn Bücher hat die Olper Buchhandlung Dreimann bestellt. Bis Mittwochnachmittag standen sie noch alle im Regal. Auf 259 Seiten arbeitet der frühere Bundespräsident Christian Wulff seine Sicht der Affäre auf und rechnet mit den Medien ab. Die ersten Reaktionen auf sein Werk fallen verhalten aus.

„Wenn ich ehrlich bin“, sagt sein Namensvetter Prof. Dr. Otto Wulff, Bundesvorsitzender der Senioren-Union aus Schwerte, „im Rückblick interessiert es mich persönlich nicht mehr.“ Dass sich Wulff jetzt, wo er so tief gefallen sei, in seinem Buch wehre, sei nur allzu verständlich. „Nur ein Mensch, der Mahatma Gandhi und Mutter Teresa in einem verkörpert, wäre nicht verbittert.“

Geschmacksverfehlungen

Juristisch gesehen habe Wulff keine Verfehlung begangen. „Ich habe sein Verhalten früher in einigen Fällen eher für Geschmacksverfehlungen gehalten. Ein Bundespräsident sonnt sich nicht in der Glamour-Welt. Das passt nicht zum Amt und nicht zur Aufgabe.“ Eine Entschuldigung seinerseits, wenn man nur an seinen Urlaub in der Maschmeyer-Villa denke, hätte genügt. „Wulff hätte nie angeklagt werden dürfen.“

Eine Reihe von Medien habe, so der 81-Jährige, dem ehemaligen Bundespräsidenten übel mitgespielt. „In der für ihn so schwierigen Zeit habe ich ihm damals in Briefen meine Unterstützung zusagt. Er hat mir persönlich für die Unterstützung gedankt.“ Ein Urteil über das Buch will er nicht fällen: „Es wäre unredlich, denn ich habe es noch nicht gelesen.“

Das hat der Chef der Senioren-Union mit Prof. Dr. Frank Überall gemeinsam. Der Kölner Politik- und Medienwissenschaftler, „ich habe das Buch bestellt“, kennt Auszüge und die Berichterstattung über die Präsentation in Berlin. Sein erster Eindruck: „Wulff hat ordentlich in die Tasten gehauen.“ Subjektiv sei dies aus seiner Sicht nachvollziehbar. „Die Chance zur Reflexion hat er offenbar nicht genutzt.“ Als Bundespräsident habe Wulff einen guten Job gemacht. Alle Vorwürfe rührten aus seiner Zeit im niedersächsischen Landtag. „Hier hat er sich in ein Netz von Abhängigkeiten begeben.“ Bestes Beispiel seien seine Erklärungsversuche bei der Beschaffung des Hauskredits gewesen. Bei Nachfragen der Medien sei er massiv vorgegangen, wollte die Einsicht ins Grundbuch verbieten. „Da hat er sich auf dünnes Eis begeben. Das war, Verzeihung, eine politische Dummheit.“ Dass gegen Wulff ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden sei, hält Überall für rechtens: „Es wird ja nach belastendem und entlastendem Material gesucht. Das gilt in diesem Land für jedermann.“

Keine Rückkehr in die Politik

Überall bezweifelt, ob sich Wulff mit diesem Buch einen Gefallen getan hat. „Vielleicht brauchte er es für seine eigene politische Hygiene. Die Diskussion darüber wird ein Strohfeuer bleiben.“ Auch glaubt der 43-Jährige nicht an eine Rückkehr Wulffs in die aktive Politik. Er hofft, und das ganz ohne Ironie, „dass Wulff die kommenden Jahre nutzen sollte, er ist noch jung, um sich für das Zusammenleben der Kulturen einzusetzen. Über die notwendige Infrastruktur verfügt er“.