Berlin. Panzer, Boote, Maschinengewehre und Munition: Waffen “Made in Germany“ sind weltweit begehrt. Opposition und Menschenrechtler werfen der Politik vor, zu wenig gegen das “Geschäft mit dem Tod“ zu tun. Wirtschaftsminister Gabriel will gegensteuern - aber die Branche nicht komplett skandalisieren.

Deutschland hat im vergangenen Jahr seine Rüstungsexporte in Länder außerhalb von EU und Nato auf Rekordhöhe gesteigert. Ihr Anteil legte im Vergleich zum Vorjahr von 55 auf 62 Prozent zu, wie aus dem am Mittwoch vom Kabinett beschlossenen Rüstungsexportbericht hervorgeht. Darunter sind mit Algerien, Katar, Saudi-Arabien oder Indonesien Länder, die für Menschenrechtsverletzungen bekannt sind.

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) kündigte an, künftig die Öffentlichkeit häufiger und so offen wie möglich über Rüstungsdeals zu informieren. Nach früheren Aussagen will er den Export vor allem von Kleinwaffen und Panzern einschränken.

135 Millionen allein für Kleinwaffen und Munition

Deutsche Rüstungskonzerne durften im Vorjahr für 135 Millionen Euro Kleinwaffen und Munition exportieren, ein Anstieg von rund 43 Prozent. Ein Großteil auch dieser Lieferungen ging in Drittstaaten. Kleinwaffen, zu denen Maschinengewehre oder tragbare Raketenwerfer zählen, fordern weltweit die meisten Opfer in Konflikten. Alle Genehmigungen wurden von der früheren Bundesregierung aus Union und FDP erteilt.

Der SPD-Chef äußerte sich nach der Kabinettssitzung nicht persönlich. Gabriel hatte eine geplante Pressekonferenz schon vor Tagen abgesagt und ließ sich von einem Staatssekretär vertreten. Im Vorwort zum Kabinettsbericht erklärt er, dass die Regierung aus Rücksicht auf die Industrie auch künftig nicht über abgelehnte Exportanträge berichten könne: "Das ist für einen Minister, der sich eine restriktive Exportpolitik auf die Fahnen geschrieben hat, zugegebenermaßen eine unkomfortable Situation", schreibt Gabriel.

Sigmar Gabriel: kommt auf Einzelfall an

Er warne davor, Rüstungsexporte allgemein zu skandalisieren. "Die Frage, ob die Summe der Rüstungsexporte sinkt oder steigt, kann nicht das alleinige Kriterium für den Erfolg oder Misserfolg der Exportpolitik sein." Es komme auf den Einzelfall an. Der Vizekanzler machte aber unmissverständlich deutlich, dass Rüstungsexporte kein Mittel der Wirtschafts-, sondern der Sicherheitspolitik seien. Im Wahlkampf hatten die Sozialdemokraten Einschnitte für die deutsche Rüstungsindustrie angekündigt, die hinter den USA und Russland als weltweite Nummer drei gilt. Der Wirtschaftsflügel der Union hat Widerstand gegen Gabriels Kurswechsel angekündigt.

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) glaubt nicht, dass der Minister Wort hält. Die deutsche Doppelmoral schüre einen Rüstungswettlauf in Nordafrika und im Nahen Osten. "Von der Einlösung seines Wahlkampfversprechens ist Gabriel noch weit entfernt", erklärte die Menschenrechtsorganisation.

Einzelgenehmigungen auf einem Höchststand

Insgesamt beliefen sich die Einzelausfuhrgenehmigungen für Waffengeschäfte auf 5,85 Milliarden Euro. Das sind 24 Prozent oder 1,14 Milliarden Euro mehr als 2012 - der höchste Wert bei Einzelanträgen seit 2004. Allerdings können in der Praxis weniger Waffen geliefert worden sein als zuvor genehmigt.

Die Sammelausfuhrgenehmigungen, die laut Wirtschaftsministerium pauschal an "besonders zuverlässige Ausführer" vergeben werden, lagen hingegen 2013 mit 2,5 Milliarden Euro unter dem Durchschnitt der Vorjahre. Einzel- und Sammelausfuhrgenehmigungen kamen im vergangenen Jahr zusammen auf einen Wert von 8,34 Milliarden Euro - nach 8,87 Milliarden Euro im Jahr 2012. (dpa)