Istanbul. . Die Türkei will zum 100. Gründungsjubiläum der Republik 2023 zu den zehn größten Volkswirtschaften der Welt zählen. Dafür treibt Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan gigantische Infrastrukturprojekte in Istanbul voran. Eines davon ist der Bau des neuen Flughafens im Norden der Millionenmetropole, der einer der größten weltweit werden soll. Über Umweltschäden und Gerichtsurteile setzt er sich hinweg.
Es soll nicht irgendein neuer Flughafen werden, sondern der größte der Welt. An diesem Samstag legt der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan westlich von Istanbul den Grundstein für den geplanten Mega-Airport – ungeachtet eines gerichtlichen Baustopps.
Erdogan hat eine ehrgeizige Vision: Bis zum Jahr 2023, wenn sich die Gründung der Republik zum 100. Mal jährt, will er die Türkei zu einer der zehn größten Volkswirtschaften der Welt machen. Gigantische Infrastrukturprojekte sollen dem Land den Weg in die erste Liga der Industrienationen ebnen.
Der neue Airport ist im Endausbau mit sechs Start- und Landebahnen für 150 Millionen Passagiere im Jahr ausgelegt. Damit wäre er das größte Luftverkehrs-Drehkreuz der Welt. Der türkische Luftverkehrsmarkt wächst rasant.
Ein Wald muss weichen
Aber das Flughafenprojekt ist umstritten. Rund 660 000 Bäume im Belgrader Forst, dem größten geschlossenen Waldgebiet bei Istanbul, sollen für den Flughafen und die Zufahrtsstraßen gefällt werden. Umweltschützer befürchten unabsehbare Folgen für die Trinkwasserversorgung und das Klima der 18-Millionen-Metropole. Im Februar erließ ein Istanbuler Verwaltungsgericht einen Baustopp. Doch die Regierung will sich darüber hinwegsetzen: „Das Projekt geht ohne Pause weiter“, erklärte Umwelt- und Städtebauminister Idris Güllüce.
Es wäre nicht das erste Mal, dass die Regierung Gerichtsurteile einfach übergeht. So untersagte 2012 ein Verwaltungsgericht den geplanten Abriss der Roma-Siedlung Sulukule in Istanbul. Die Regierung ließ dennoch die Bulldozer anrücken, auf dem Areal wurden Luxuswohnungen gebaut.
Eine neue Wasserstraße
Das wohl umstrittenste Erdogan-Vorhaben ist der Bau des „Kanal Istanbul“, einer künstlichen Wasserstraße vom Schwarzen Meer zum Marmarameer. Fachleute sagen, der Kanal gefährde den Wasserhaushalt der Region. Aber auf ökologische Belange nimmt Erdogan bei den Großprojekten wenig Rücksicht.
Den Bau einer dritten Hängebrücke über den Bosporus treibt der Premier trotz Bedenken von Umweltschützern voran. An der geplanten Bebauung des Istanbuler Gezi-Parks, wo der Premier die Nachbildung einer ottomanischen Militärkaserne errichten wollte, entzündeten sich 2013 Massenproteste, die auf 79 der 81 Provinzen übergriffen.