Europa liefert neue Munition für seine Kritiker. Der Poker um lukrative Posten ist bereits in vollem Gange. Und auch die EU-Skeptiker scheinen sich schon an die Etablierten anzupassen.
Jean-Claude Juncker darf also versuchen, eine Mehrheit für sich als EU-Kommissionspräsident zu organisieren. Dafür muss der bei der EU-Wahl unterlegene Martin Schulz mit einem attraktiven anderen Job getröstet werden, etwa als EU-Außenminister. Vielleicht wird aber auch ein ganz anderer Kommissionschef, in dem Fall müsste auch Juncker adäquat versorgt werden, vielleicht als neuer Ratspräsident.
Gerade ist die Wahl mit satten Erfolgen für die Europakritiker in vielen Ländern gelaufen, da ist man in Brüssel schon wieder munter dabei, die Vorurteile gegen „Europa“ zu bestätigen: Pöstchenschieberei, Hinterzimmerabsprachen, Versorgung altgedienter Parteigänger. Und die Populisten reiben sich die Hände – dabei gerieren sich einige von ihnen nicht anders als die von ihnen kritisierten etablierten Politiker.
Bernd Lucke, der als Chef der AfD für die neue Partei ins Europaparlament einzieht, bekannte jetzt freimütig in der ARD: Schafft die AfD 2017 den Sprung in den Bundestag, werde er natürlich von Brüssel nach Bonn wechseln. Europa ist für Lucke offensichtlich nur zweite Wahl. Für den Chef einer Partei, die stets betont, doch ach, so anders zu sein als die anderen, ist das ein Armutszeugnis.