Essen. . Wähler schätzen glaubwürdige Politiker, die ihre Arbeit ernster nehmen als ihre eigene Bedeutsamkeit. Das gilt nach Ansicht der Experten für die Kanzlerin mit ihrer unaufgeregten Art, gleiches haben jetzt die Kommunalwahlen im Ruhrgebiet ergeben.

Die Kommunalwahl zeigt es: Bodenständige Politiker-Typen wie Angela Merkel werden auch in den Städten immer beliebter: Kandi­daten, die sich selbst nicht wichtiger nehmen als ihre Arbeit, die Menschen zusammenbringen und Streit vermeiden.

Das ist nach Einschätzung von Experten das Erfolgsrezept der souverän wiedergewählten Oberbürgermeister Frank Baranowski (Gelsenkirchen, SPD), Bernd Tischler (Bottrop, SPD) oder Thomas Hunsteger-Petermann (Hamm, CDU). Baranowski schaffte sogar fast 70 Prozent – ein Coup in einer mit Problemen beladenen Stadt.

Streithähne und Selbstdarsteller sind verpönt

Der Politikwissenschaftler Karl-Rudolf Korte (Uni Duisburg-Essen) nennt sie „effiziente Führungs­typen“. Sie arbeiten Probleme ab, „ohne sich selbst ins Zentrum zu ­rücken“, sagt Korte über die Sieger. Der klassische Kümmerer kommt im Ruhrgebiet gut an. Streithähne und Selbstdarsteller sind verpönt.

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Von Matthias Korfmann, Michael Kohlstadt, Theo Schumacher, Wilfried Goebels

Die persönlichen Qualitäten von Politikern sind heute noch wichtiger als früher, erklärt Wahlkampfberater Achim Moeller. „Die Glaubwürdigkeit von Parteien sinkt, dafür wird Politik immer persönlicher“, sagte Moeller dieser Redaktion. Die Bürger fühlen sich anscheinend durch Baranowski, Tischler & Co. gut repräsentiert.

Gegen das tolle Wahlergebnis des Gelsenkircheners nimmt sich die Stimmausbeute von Ullrich Sierau (Dortmund, SPD) mit 43,7 Prozent bescheiden aus. Zwar konnte der Oberbürgermeister fast genau sein Ergebnis von 2010 einfahren.

Fettnäpfchen und Charakterschwächen

Allerdings: Noch nie seit Einführung der Direktwahl vor 15 Jahren hat ein SPD-Oberbürgermeisterkandidat in Dortmund so wenig Wählerstimmen auf sich vereinen können. Sierau muss in die Stichwahl – ausgerechnet in der „Herzkammer“ der SPD.

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„Die Zeiten, in denen dort sogar ein roter Besenstiel gewählt worden ­wäre, sind vorbei“, urteilt Achim Moeller. Es gebe immer mehr ­Wechselwähler. Offenbar hat die Dortmunder SPD den politischen Gegner unterschätzt. Außerdem ist Sierau auch als Rathaus-Chef umstritten. Er gilt als aufbrausend.

In Düsseldorf hat CDU-OB Dirk Elbers im Wahlkampf kaum einen Fettnapf ausgelassen. Dass er im Ruhrgebiet „nicht tot überm Zaun“ hängen möchte, hat ihm wohl in der eigenen Stadt geschadet. Moeller: „Die Leute mögen es nicht, wenn einer die Grenzen des Anstands überschreitet.“ Sprücheklopfer sind offenbar nicht gern gesehen. Auch Elbers muss in die Stichwahl.