Köln. . In der Kölnarena haben sich am Samstag 15 000 Anhänger des türkischen Ministerpräsidenten versammelt.Erdogan inszenierte sich in einer Show und rief seinen Landsleuten zu: „Integriert euch, aber lasst euch nicht assimilieren.“ Kritik übte er an deutschen Medien, die ihn als Tyrannen darstellten.
Dass die türkische und die türkeistämmige Gesellschaft zutiefst in Erdogan-Gegner und Erdogan-Fans gespalten ist, ist klar – welchen Fanatismus diese Lagerbildung auslöst, kann man an diesem Tag in der Kölner Arena eindrucksvoll erleben. Zwei Stunden bevor Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan die Bühne betritt, peitscht ein Redner die Menge regelrecht ein: „Die Türkei ist das Größte. Erdogan ist der Größte.“ Dabei grenzt es an ein Wunder, dass die ohnehin sehr laut gepegelte Mikrofonanlage nicht platzt. Laut, entschlossen, selbstbewusst – wie Erdogan selbst.
Die Bilder eines Premierministers, der von seiner Gefolgschaft vergöttert wird, sollen von Köln aus in die ganze Welt gehen. Allein, dafür hätte es keines Einheizers bedurft. Eine junge Frau bricht in Tränen aus, als „ihr Premier“ endlich den Saal betritt. Das Licht erlischt, Tausende Handys leuchten von den Rängen. Minutenlang rufen Tausende Regierungstreue Fahnen schwenkend und mit den Füßen stampfend den Namen ihres Idols. Und der genießt diese Auftritte, die seine Partei für ihn in der Türkei und mittlerweile auch zum dritten Mal in Deutschland organisiert.
Dann wird aus dem Koran rezitiert, es ertönt der Ruf des Muezzin, es wird gebetet. Man sei fern der Heimat, sagt der Vorbeter, „wir vermissen die Türkei“. Noch bevor Erdogan ein Wort gesagt hat, ist deutlich: Dies ist eine politische Veranstaltung, die höhere Weihen beansprucht. Hier vermischen sich Politik und Religion.
Dann spricht Erdogan. Er gibt sich wie gewohnt als Kümmerer, als Versteher der kleinen Leute, als treusorgender Vater und Hüter der Gerechtigkeit. In gewohnter Erdogan-Manier keilt er in seiner 80-minütigen Rede gegen die Opposition aus, die aus dem Tod der bei dem Grubenunglück gestorbenen Kumpel politisches Kapital schlagen wollen, obwohl sie die Bergleute bisher nur als minderwertige Arbeiter angesehen hätten. Er hingegen, trauere um die Männer und fühle den Schmerz der Hinterbliebenen.
Kritik an den westlichen und insbesondere an den deutschen Medien lässt der Premier in seiner Wahlkampfrede auch nicht aus. Die ausländische Presse versuche ihn als Tyrannen darzustellen, der das Volk niederknüppeln lässt. Dabei, so Erdogan, handele es sich um Polizeimaßnahmen gegen Terroristen – damit meint Erdogan die Demonstranten, die seit den Protesten vor einem Jahr in der Türkei gegen die Regierung auf die Straße gehen.
„Lasst euch nicht assimilieren“
Die Menge im Saal sieht es genauso wie ihr „großer Held“. Und dieser weiß was die Leute von ihm hören wollen. Erdogan streichelt die Seele der Migranten, bedankt sich bei ihnen für ihren großen Fleiß und ihre Leidensfähigkeit. Er wisse um die Probleme, die seine Landsleute im Ausland erlebt haben und er ist stolz auf das was sie erreicht haben.
Dabei spricht Erdogan seinen Zuhörern nochmal ins Gewissen: „Integriert euch, aber lasst euch keinesfalls assimilieren. Lernt die deutsche Sprache sehr gut zu sprechen und engagiert euch, aber gebt unsere wunderbare, reiche Kultur auch an die nachfolgenden Generationen immer weiter. Seid keine Ausländer in Deutschland.“
Der denkwürdige Abend von Köln endete so wie er begonnen hatte – mit tosendem Applaus, Sprechchören und glücklichen Erdogan-Anhängern.