Kiew. .
Diese Wahlen würden wohl ins Wasser fallen, sagt Sergei, Aktivist der separatistischen „Donezker Volksrepublik“ in der Provinzstadt Artjomowsk. „Die Leute hier wollen nicht mehr für die Ukraine abstimmen.“ Wofür es nach Ansicht ukrainischer Patrioten handfeste Gründe gibt. Wie die Nachrichtenagentur Unian berichtet, drohten die Separatisten Angestellten einer Artjomowsker Schule, ihren Direktor aufzuhängen, falls er dort ein Wahllokal eröffne.
Einen Tag vor den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine ist unklar, in welchen Regionen der Urnengang ordnungsgemäß über die Bühne gehen wird. Die Möglichkeit, dass die prorussischen Rebellen die Abstimmung in der Ostukraine zur Makulatur werden lassen, überschattet die üblichen Fragen: Wer gewinnt die meisten Stimmen? Und wird es schon im ersten Wahlgang einen Sieger geben?
Kiew gesteht ein, dass in mehreren Bezirken der Regionen Donezk und Lugansk, in denen Rebellen „Volksrepubliken“ ausgerufen haben, keine Wahllokale arbeiten werden. „Wir machen uns nichts vor“, sagte Innenminister Arseni Awakow, „auf dem riesigen Gebiet von Donezk und Lugansk sind Wahlen in normaler Form schon nicht mehr möglich.“ Aber stattfinden werde die Abstimmung.
Vor allen in der von der ukrainischen Armee belagerten Rebellenhochburg Slawjansk gilt die Wahl als unmöglich. Aber auch in den Gebietshauptstädten Donezk und Lugansk sowie zahlreichen anderen Städten, in denen die Aufständischen Verwaltungsgebäude und Polizeiwachen eingenommen haben, sind geregelte Abstimmungen fraglich bis unwahrscheinlich. Nach Angaben der ukrainischen Zentralen Wahlkommission halten die Aufständischen in Donezk 13 von 34 Wahlkreiskommissionen besetzt oder blockieren sie. „Der Versuch der Kiewer Staatsmacht, die Präsidentschaftswahlen im Donbass durchzuführen, stellt eine bewusste Provokation dar“, erklärt der Separatistenführer Miroslaw Rudenko.
Gefechte mit Toten und Verletzten
Jedenfalls will Kiew auch in den Regionen Donezk und Lugansk abstimmen lassen. Das Freiwilligenbataillon „Donbass“ hat die Verwaltungsgebäude in vier Donezker Bezirken besetzt und soll sichere Wahlen gewährleisten. Allerdings geriet das Bataillon gestern bei Karlowka in einen Hinterhalt, erlitt schwere Verluste; am Vortag waren 16 ukrainische Soldaten bei einem Überfall auf ihren Kontrollpunkt bei Wolnowacha umgekommen.
Der Kiewer Politologe Wadim Karasjew hält Wahllokalblockaden ebenso für möglich wie simplen Urnenklau. Mit solch „kleinen Gemeinheiten“ könne man erreichen, dass das Ergebnis für ungültig erklärt werde. „Die Wahl eines neuen Präsidenten legitimiert die ukrainische Staatsmacht neu“, so Karasjew. „Deshalb wird Russland mit allen Mitteln versuchen, sie zumindest in Frage zu stellen.“
Nach der jüngsten Meinungsumfrage führt der Wirtschaftsoligarch Pjotr Poroschenko deutlich mit 44,6 Prozent, vor der Populistin Julia Timoschenko (8,4 %).
Russlands Präsident Wladimir Putin erklärte am Mittwoch überraschend, man habe Truppen von der Grenze abgezogen. Die Aufständischen aber riefen gestern in Donezk die Mobilmachung aus.