Berlin. .

Es ist das erste große Reformwerk der Großen Koalition, über zehn Millionen Männer und Frauen sollen profitieren: Morgen wird der Bundestag das Rentenpaket unter anderem mit Mütterrente und Rente mit 63 beschließen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Reform im Überblick.

Wann kommt nun die Mütterrente?

Das Gesetz gilt ab 1. Juli, doch Geduld ist gefragt: Die Rentenversicherung braucht Zeit für die Umstellung, viele Frauen werden erst im Oktober oder November mehr Geld auf dem Konto haben – aber mit einer Nachzahlung ab Juli. Besser gestellt werden 9,5 Millionen Mütter, deren Kinder vor 1992 zur Welt kamen: Ihnen werden für Kinderziehungszeiten künftig zwei so genannte Rentenpunkte statt bisher einer angerechnet. Pro Kind steigt die Rente um 28,61 Euro (West) bzw. 26,39 Euro (Ost) im Monat. Allerdings erhalten Mütter, deren Kinder seit 1992 geboren wurden, weiterhin mehr Geld.

Muss die Mütterrente extra beantragt werden?

Wer bereits Rente bezieht, muss nichts tun. Die Aufstockung erfolgt automatisch. In einigen Fällen können Mütter, die bisher die Voraussetzung von fünf Jahren Mindestversicherungszeit nicht erfüllten, einen Rentenanspruch haben – dann ist eventuell ein Antrag nötig.

Profitieren von der Rente mit 63 wirklich nur wenige Jahrgänge?

Wörtlich genommen ja: Für die abschlagsfreie Rente gilt ab 1. Juli die neue Altersgrenze von genau 63 Jahren nur für die Jahrgänge 1950 bis 1952 – vorausgesetzt natürlich, sie kommen auf die erforderlichen 45 Beitragsjahre. Wer 1953 oder später geboren ist, für den erhöht sich die Altersgrenze aber wieder um jeweils zwei Monate, ab 2022 gibt es die Rente allenfalls mit 64 und ab 2029 für die Jahrgänge ab 1964 erst wieder wie heute ab 65 Jahre --das reguläre Rentenalter liegt dann bei 67.

Bekommt die Rente mit 63 auch, wer arbeitslos war?

Bisher wurde Arbeitslosigkeit gar nicht bei den erforderlichen 45 Beitragsjahren berücksichtigt. Künftig werden alle Phasen von Kurzzeitarbeitslosigkeit, bei denen Anspruch auf Alg I bestand, mitgezählt. Ausnahme: In den letzten zwei Jahren vor dem Ruhestand zählt Arbeitslosigkeit nicht mit, um Tricksereien mit Frühverrentungen zu verhindern. Ausnahme von der Ausnahme: Ging der Job verloren, weil die Firma dicht machte, wird die späte Arbeitslosigkeit doch berücksichtigt. Anfangs könnten von 700 000 Neurentnern im Jahr etwa 200 000 von der Rente mit 63 profitieren.

Was ändert sich künftig bei Erwerbsminderung und Rehabilitation?

Wer aus gesundheitlichen Gründen vermindert oder gar nicht mehr arbeiten kann, wird durch eine günstigere Berechnung besser abgesichert – brutto gibt es etwa 40 Euro mehr im Monat. Die gedeckelten Mittel für Reha-Leistungen werden jährlich erhöht.

Was bringt die Flexi-Rente?

Wer will, soll leichter über die Regelarbeitsgrenze hinaus arbeiten können. Mit dem Arbeitgeber kann die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses vereinbart werden. Bislang gab es hier rechtliche Unsicherheiten. Weitere Erleichterungen für einen früheren oder späteren Renteneintritt soll jetzt eine Koalitionsarbeitsgruppe beraten.

Was kostet die Reform?

Jährlich neun bis elf Milliarden Euro, zunächst fast allein aus der Rentenkasse bezahlt. Allein die Mütterrente schlägt mit 6,5 Milliarden zu Buche. Zur Finanzierung wurde eine fällige Beitragssenkung gestrichen, spätestens 2019 steigen die Beiträge.

Warum gibt es so viel Kritik?

Vor allem die Mütterrente müsste als versicherungsfremde Leistung eigentlich aus Steuergeld bezahlt werden. Generell kommt die Reform vor allem der heutigen älteren Generation zugute – die jüngeren Beitragszahler tragen die Lasten, obwohl die schwierigen Jahre für die Rentenkasse erst kommen. Kritiker halten die Rente mit 63 auch für ein falsches Signal, das alle Bemühungen um eine längere Beschäftigungsdauer konterkariert.