Im Angesicht der Bergwerkstragödie von Soma fand Erdogan Worte. Doch wieder waren es die falschen. Solche Katastrophen seine “ganz gewöhnliche Sachen“. Es ist nur logisch, dass Erdogan jetzt von “Schicksal“ spricht. Denn damit erübrigt sich die Schuldfrage.
Der türkische Premier ist um Worte nie verlegen. Aber er trifft immer seltener den angemessenen Ton. Die Demonstranten, die im vergangenen Sommer zu Hunderttausenden gegen seinen selbstherrlichen Regierungsstil protestierten, beschimpfte er als „Pack“ und „Nagetiere“.
Die Korruptionsvorwürfe wischte er als „internationales Komplott“ vom Tisch. Und als ihn vergangene Woche der Präsident der türkischen Anwaltskammern bei einer Festveranstaltung mit Kritik konfrontierte, reagierte Erdogan mit einer Brüllattacke und stürmte aus dem Saal.
Auch im Angesicht der Bergwerkstragödie von Soma fand Erdogan Worte. Doch wieder waren es die falschen. Der Premier bemühte Grubenunglücke aus dem England des 19. Jahrhunderts um aufzuzeigen, dass solche Katastrophen „ganz gewöhnliche Sachen“ seien. Den Hinterbliebenen der Opfer war das kein großer Trost, wie die Proteste gegen Erdogan am Unglücksort zeigten.
Der Premier lässt sich gern als Vater des türkischen Wirtschaftswunders feiern. Der beispiellose Aufschwung hat ihm einen Wahlsieg nach dem anderen beschert. Mit Prestige-Projekten wie der dritten Bosporusbrücke und einer Mega-Moschee in Istanbul will Erdogan sich verewigen. Auf die Arbeitssicherheit und die Umwelt wird wenig Rücksicht genommen.
Das Grubenunglück von Soma wirft ein Schlaglicht auf die dunkle Seite des Wirtschaftswunders. Es ist daher nur logisch, dass Erdogan jetzt von „Schicksal“ spricht. Denn damit erübrigt sich die Schuldfrage.