Ankara. .

Die Türkei trauert um die Opfer des verheerenden Bergbauunglücks: Mehr als 274 Menschen starben in der Grube in Soma. Wegen des Unglücks gerät die türkische Regierung von Ministerpräsident Erdogan unter Druck. Bei einer Pressekonferenz in Soma spielte er das Unglück, das bislang schwerste dieser Art in der Geschichte der Türkei, herunter. Es liege in der Natur des Bergbaus, dass es Unglücke gebe, führte Erdogan aus – und berief sich auf Unfälle aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Tausende Menschen demons­trierten am Mittwoch in Istanbul und Ankara gegen die Regierung. Die Polizei ging gegen Studenten vor, die gegen die Zustände im Bergwerk protestierten.

Medienberichten zufolge hatte ein Defekt in der Elektrik zunächst die Explosion und dann den Brand im Bergwerk verursacht, der nach Regierungsangaben in 150 Metern Tiefe ausbrach. Die meisten Opfer seien an Kohlenmonoxidvergiftungen gestorben.

Nach Angaben von Frank Otto, Professor für Geotechnik an der Technischen Fachhochschule „Georg Agricola“ in Bochum, handelt es sich bei der Grube Soma um eine moderne Anlage. Dennoch stellen sich ihm einige Fragen: „Wenn der Transformator explodiert ist, müsste ein zweiter Generator die Stromversorgung und die Belüftung der Grube übernehmen. Aber der war auch außer Betrieb, warum?“ Auch fehlte offenbar ein zweiter Ausweg für die Bergleute, über den sie hätten flüchten können. „Das ist in Deutschland Pflicht“, sagte Otto zur WR.

Bergleute und Gewerkschafter in der Türkei bemängelten Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen. Die Gewerkschaft DISK kritisierte, in der Zeche seien zahlreiche Arbeiter von Subunternehmern angestellt gewesen. Medien berichteten, das Unternehmen habe erst kürzlich Sparmaßnahmen durchgesetzt. In einem Interview feierte sich Besitzer Gürkan 2012 selbst dafür, dass es gelungen sei, die Förderkosten für eine Tonne Kohle von 130 auf 24 Dollar gedrückt zu haben.

Die Opposition macht der AKP von Premierminister Erdogan schwere Vorwürfe. Die größte Oppositionspartei CHP hatte erst vor 14 Tagen im Parlament eine Untersuchung der Sicherheitsmaßnahmen in Soma angemahnt. Die AKP hatte dieses Vorhaben mit ihrer Parlamentsmehrheit jedoch abgeblockt.