Washington. . Bundeskanzlerin Angela Merkel reist am Donnerstag in die USA. Die Überwachung des Kanzlerinnen-Handys durch die NSA wird bei ihrem Besuch jedoch keine besondere Rolle spielen, glauben Europakenner. Für die USA steht die Sorge um die Entwicklungen in Russland eher im Fokus.

Der Dialog in einem Restaurant im Washingtoner Stadtteil Georgetown ging ungefähr so: „Hört die NSA eigentlich noch mit, wenn Angela Merkel mit Wladimir Putin spricht?“ Gegenfrage eines anderen Schlipsträgers: „Und ist der russische Geheimdienst weiter dabei, wenn die Kanzlerin und der US-Präsident über die Ukraine reden?“ Ehrliche Antworten darauf wären gewiss spannend. Zu erwarten sind sie nicht, wenn Angela Merkel am Donnerstag in der US-Hauptstadt einfliegt.

Das Anreise-Datum passt. Arbeitsbesuch bei Barack Obama. Am Tag der Arbeit. Staatsdinner-Pomp, feierliche Verleihung der Freiheitsmedaille an die Kanzlerin wie 2011 – per du.

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Auch die Tagesordnung hat sich nennenswert aktualisiert, seit der Präsident die Kanzlerin im Januar eingeladen hatte. Gedacht als finales Gutwettermachen nach dem Lauschangriff der NSA auf Merkels Mobiltelefon. „Handygate“ wird bei der Kurzvisite bis Freitagabend „keine relevante Rolle spielen“, glauben Europakenner im Senat.

Platz eins der Weltrangliste bei Überwachung

Amerika will sich nicht von Platz eins der Weltrangliste der Überwachung verdrängen lassen. Merkel müsse sich damit begnügen, dass ihre unmittelbare Kommunikation nicht überwacht wird – so lange Obama im Amt ist. Außerhalb dieses Satzes „bleibt vieles möglich, fast alles“, heißt es.

Die in den USA als Realistin geschätzte Kanzlerin wird das Thema „klein halten“, erwartet man im Capitol. Groß war es in Washington eh nie. Obama hat andere Sorgen. Mit Deutschland.

Die nach außen gezeigte Einheitsfassade (Motto: USA und Europa im engen Schulterschluss gegen Russlands Expansionsdrang) bekommt mit zunehmender Destabilisierung der Ukraine Risse. Obama will Putin-Russland wie den Iran zum internationalen Schmuddelkind degradieren. Die aus der Nachkriegszeit stammende US-Strategie der Eindämmung dient ihm als Blaupause.

Washington versteht Putin-Versteher nicht

Berlin hält das aus Sorge um die wirtschaftlichen Kollateralschäden nicht für zielführend. Was wiederum in Washington, wo man die vielen bundesdeutschen Putin-Versteher nicht versteht, nur bedingt auf Verständnis stößt.

Auf positive Signale des Kreml-Chefs zu warten, schreibt das „Wall Street Journal“, sei so, als würde man aus dem Fenster schauen und auf den Halleyschen Kometen warten – der kommt auch nur alle 75 Jahre vorbei. Die Botschaft ist klar: Machen Sie schneller mit den Sanktionen, Frau Merkel!