Washington. .

Um Russland im Ukraine-Konflikt an den Verhandlungstisch zu zwingen, zieht US-Präsident Barack Obama gezielt die Sanktionsschrauben an. Engste Vertraute des russischen Präsidenten Wladimir Putin sollen finanziell trockengelegt werden. Komplette Sektoren der russischen Wirtschaft werden mit Rücksicht auf die Europäische Union derzeit aber nicht ins Visier genommen.

Sieben hochrangigen Regierungsoffiziellen aus dem näheren Umfeld des Kremlchefs und 17 Firmen, die mit dem Präsidenten verbunden sind, wurden gestern die Konten eingefroren. Außerdem gelten für sie Reisebeschränkungen.

Wie das Weiße Haus bestätigte, sind darunter mit Igor Setschin, Chef des staatlichen Ölkonzerns Rosneft, und Sergej Tschemesow, Chef des Staatskonglomerats Rostec, langjährige Wegbegleiter Putins. Tschemesow und Putin arbeiteten vor 25 Jahren gemeinsam in Dresden als KGB-Offiziere. Heute leitet Tschemesow ein Imperium aus Hunderten Betrieben, darun­ter Panzer- oder Raketenhersteller, Maschinenbau-Betriebe und Automobilbauer. Alexej Miller, Chef des Schalke-Sponsors Gazprom, ist, anders als zahlreiche Medien berichteten, nicht unter den Zielpersonen.

13 der betroffenen Firmen dürfen darüber hinaus nicht mehr mit amerikanischen Produkten beliefert werden. Für Unternehmen, die militärische Hightech-Güter herstellen, gelten ab sofort Exportverbote in Richtung Russland. Nimmt man die gestern erweiterte Liste von Russen und pro-russischen Ukrainern hinzu, deren Kon­ten von der Europäischen Union gesperrt wurden und die nicht mehr in die EU einreisen dürfen, sind inzwischen rund 50 Spitzenfunktionäre Moskaus von Sanktionen betroffen. „Diese Maßnahmen tun weh“, so ein Regierungsbeamter gegenüber Journalisten in Washington.

Obama sagte zum Abschluss seiner Asienreise in Manila, dass Putin selbst derzeit nicht Ziel von Sanktionen sei. „Wir wollen seine Kalkulation ändern und ihn zu Verhandlungen ermutigen“, so der US-Präsident. Dabei gäbe es nach Erkenntnissen von amerikanischen Geheimdiensten und dem US-Finanzministerium, die von der New York Times öffentlich gemacht wurden, bei ihm reichlich zu holen.

Danach besitze Putin Anteile an der russischen Firma Gunvor. Dem in der Schweiz residierenden viertgrößten Ölhändler weltweit wird ein Jahresumsatz von zuletzt rund 100 Milliarden Dollar nachgesagt. Gennadij Timtschenko, Chef des Unternehmens, steht bereits seit März auf der Bannliste der amerikanischen Sanktionen. Kurz bevor sie verhängt wurden, trat der sechstreichste Mann Russlands seine Anteile an einen Kompagnon ab.

Putin soll abseits seines offiziellen Jahreseinkommens von rund 100 000 Dollar durch sorgsam verborgene Beteiligungen an eben Gunvor, Gazprom und der Ölfirma Surgutneftegaz ein Privatvermögen von mindestens 40 Milliarden Dollar angehäuft haben. Das ergibt sich aus einem Dossier der CIA, das bisher unveröffentlicht geblieben ist, so die „Times“. Putin ließ derlei Anwürfe bisher regelmäßig als „Erfindungen des Westens“ abtun.

Gunvor-Offizielle bekräftigten: „Putin ist weder direkt noch indirekt Mitinhaber oder Profiteur von Gunvor.“ Um das zu unterstreichen, flogen Mitarbeiter des Unternehmens jüngst nach Washington und legten der US-Regierung Belege vor. Das Finanzministerium schenkte den Angaben dem Vernehmen nach keinen Glauben.