Kiew. Sie werfen ihnen vor, für die NATO zu spionieren, und lehnen Forderungen nach einer Freilassung ab: Die prorussischen Milizen, die am Freitagnachmittag eine Gruppe von OSZE-Beobachtern in ihre Gewalt gebracht haben, geben sich unnachgiebig. Außenminister Steinmeier erhöht den Druck auf Russland.

Die prorussischen Milizen im ukrainischen Slawjansk haben den festgehaltenen Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) vorgeworfen, "Spione der NATO" zu sein. Sie würden nur im Austausch gegen eigene Gefangenen freigelassen, sagte der Milizenführer Denis Puschilin am Samstag in Slawjansk. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) drängte seinen russischen Kollegen Sergej Lawrow, sich für die Freilassung der Beobachter einzusetzen.

"Sie werden nicht freigelassen. Sie werden nur gegen unsere eigenen Gefangenen getauscht", sagte Puschilin, der der selbsterklärten Republik Donezk vorsteht, Reportern vor dem Sitz der Sicherheitskräfte in Slawjansk, wo die Beobachter festgehalten werden. Unter ihnen sind auch drei deutsche Soldaten und ein deutscher Übersetzer.

Barrikaden mit Sandsäcken verstärkt

Am Samstagvormittag wurden die Barrikaden vor dem Sitz der Sicherheitskräfte mit Sandsäcken verstärkt, wie ein AFP-Journalist berichtete. Drei gepanzerte Fahrzeuge bezogen in der Nähe Position.

Der Milizenführer in Slawjansk, Wjatscheslaw Ponomarew, hatte am Freitagabend die festgesetzten OSZE-Beobachter als "Kriegsgefangene" bezeichnet. "Wir haben insgesamt zwölf Personen festgenommen, darunter vier ukrainische Offiziere", sagte der selbsternannte Bürgermeister der "Bild"-Zeitung. "Sie sind keine Geiseln, sie sind Kriegsgefangene." Sie hätten "keine Genehmigung für ihre angebliche Beobachtermission" gehabt. Es bestehe der Verdacht, dass sie Spione waren, sagte Ponomarew und verwies auf verdächtige Karten, auf denen etwa die Straßensperren der prorussischen Milizen aufgeführt seien.

Steinmeier telefonierte mit Lawrow

Steinmeier telefonierte am Freitagabend mit seinem russischen Kollegen Lawrow und drängte ihn, sich für die OSZE-Beobachter einzusetzen. "Außenminister Steinmeier hat im Gespräch mit dem russischen Außenminister Lawrow seine Sorge über den Fall zum Ausdruck gebracht und Russland dazu aufgefordert, alles zu tun, damit das OSZE-Team sofort freigelassen wird", hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Am späten Abend habe das Ministerium "noch einmal hochrangig bei der russischen Botschaft interveniert."

Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte zuvor angegeben, es seien 13 Mitglieder der OSZE-Mission, darunter vier Deutsche, festgesetzt worden. Auch ein Däne und ein Schwede befanden sich unter den Beobachtern. Das Auswärtige Amt richtete einen Krisenstab ein. Das ukrainische Innenministerium hatte zuvor mitgeteilt, Unbekannte hätten am Mittag einen Bus mit sieben OSZE-Militärbeobachtern nahe Slawjansk gestoppt und die Insassen festgesetzt. Demnach waren unter den Insassen auch fünf ukrainische Soldaten.

"Zwischenfälle verschärfen die Situation"

Der OSZE-Sonderbeauftragte für die Ukraine, Tim Guldimann, sagte am Samstagmorgen im WDR 5 Morgenecho mit Blick auf die Beobachter, es liefen derzeit "intensive Bemühungen für die Lösung des Problems". Es sei "ganz klar", dass die Zwischenfälle die Situation verschärften, sagte Guldimann. Er wertete es aber als positiv, dass die internationale Gemeinschaft mit der OSZE-Mission "Augen und Ohren vor Ort hat, um festzustellen, was objektiv passiert". (afp)