Berlin. .
Die Bundesregierung will Pflegleistungen künftig besser an die Bedürfnisse der Menschen anpassen: Bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit sollen die alten Pflegestufen ab 2017 durch fünf Pflegegrade ersetzt werden, die vor allem die Hilfsbedürftigkeit von Demenzkranken stärker berücksichtigen. In den kommenden Monaten wird das neue System bundesweit getestet.
Das starre System der Minutenpflege wird abgelöst, der Pflegebedarf soll künftig stärker an der individuellen Selbstständigkeit eines Patienten gemessen werden. „Ein Mensch im Rollstuhl braucht eine andere Unterstützung als ein dementiell Erkrankter“, sagte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) gestern zum Start der Erprobungsphase in Berlin. Geprüft werden soll jetzt, ob sich die fünf neuen Pflegegrade im Alltag bewähren: Unter Begleitung der Hochschule für Gesundheit in Bochum wird anhand von 2000 exemplarischen Fällen geklärt, welche Folgen die Umstellung für den einzelnen Patienten hätte. In einer zweiten Studie mit ebenfalls 2000 Pflegebedürftigen in bundesweit 40 Pflegeheimen sollen die Folgen für die tägliche Versorgung ermittelt werden - „um von vornherein Fehler zu vermeiden“, so Gröhe. Die Kassen forderten gestern einen zusätzlichen Testlauf auch für die häusliche Pflege.
Die seit langem erwartete Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs ist Teil der großen Pflegereform der Bundesregierung. In einem ersten Schritt will Gröhe zum 1. Januar 2015 den Beitragssatz für die Pflegeversicherung um 0,3 Prozentpunkte anheben, um pflegende Angehörige und Fachkräfte in Pflegeheimen zu entlasten und eine milliardenschwere Demographie-Reserve anzulegen. Später soll der Beitrag noch einmal um 0,2 Prozentpunkte steigen, um die Mehrkosten durch die Einführung der fünf neuen Pflegegrade zu finanzieren.
Um dem wachsenden Fachkräftemangel in der Pflege zu begegnen, soll zudem die Pflegeausbildung attraktiver werden. Die Regierung plant, die bisherigen Ausbildungen in der Altenpflege, der Krankenpflege und der Kinderkrankenpflege zu einer gemeinsamen Pflegeausbildung mit Spezialisierungsmöglichkeiten zusammenzuführen. Ein erster Gesetzentwurf dazu soll dieses Jahr kommen: „Noch im April werden wir hierzu mit den Ländern Gespräche führen“, sagte Familienministerin Manuela Schwesig (SPD) dieser Zeitung.