Essen. Der neue Sicherheitsbericht der Bahn liegt vor: 1200 Fälle von Verletzungen des Sicherheitspersonals wurden im vergangenen Jahr registriert. Das sind 200 Fälle mehr als noch ein Jahr zuvor. Nach Angaben der Zugbegleiter, seien die Angriffe brutalter geworden. Zudem mangele es den Tätern an Respekt.

Zugbegleiter und Sicherheitstrupps der Bahn sind 2013 deutlich öfter als in den Jahren zuvor Opfer von Körperverletzungen geworden. Der neue Sicherheitsbericht der Bahn, der am morgigen Mittwoch vorgelegt wird, listet 1200 Vorfälle auf – rund 200 mehr als 2012 (plus 20 Prozent). Auch Bahnpolizisten werden regelmäßig Ziel solcher Angriffe. Alleine in Nordrhein-Westfalen ist es 2013 zu 390 Gewaltdelikten gekommen, sagt die Gewerkschaft der Polizei (GdP).

Damit zeigt sich in Zügen und Bahnhöfen trotz eines verstärkten Einsatzes von Überwachungsvideos ein Trend, der aus anderen Bereichen bekannt ist. Polizisten, Rettungshelfer und Feuerwehr sind längst stärkeren körperlichen Attacken ausgesetzt. „Der Respekt vor unseren Kollegen und ihrer Arbeit geht zurück“, sagt Reiner Bieck, Vorstand der Eisenbahngewerkschaft EVG. Er fordert einen Straf-Paragrafen 115, der Angriffe auf Staatsdiener und Nothelfer mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft. Heute sind Angriffe nur strafbar, wenn das Opfer bei Fahndungen oder Räumungen behindert wird. Auch soll der Gesetzgeber prüfen, ob er in diesen Fällen Tätern die Fahrerlaubnis entzieht.

Eine Ursache der steigenden Zahlen könnte die Aufstockung der Sicherheitsstreifen von 3200 auf 3700 Köpfe im letzten Jahr sein. Seither werden die Streifen verstärkt an Brennpunkten eingesetzt, in „dunklen“ Bahnhofsecken oder nach Fußballspielen, wo es zu Zusammenstößen kommt. Doch auch Ticket-Kontrollen führen zu Tätlichkeiten.

„Die Angriffe haben eine andere Qualität erhalten, sie sind aggressiver geworden“, berichtet ein Zugbegleiter von DB Regio NRW. „Früher haben uns unzufriedene Fahrgäste beschimpft. Sie sind ausgestiegen, ha­ben gegen den Zug getreten“. Heute sei das oft „handgreiflicher“.

Laut Umfrage der EVG unter Mitgliedern sind die Angreifer nur zu 38 Prozent „klassische Gefahrenklientel“ wie Betrunkene oder Hooligans. In 62 Prozent der Fälle geht Gewalt inzwischen von „normalen“ Fahrgästen oder Schwarzfahrern aus.

Welchen Einfluss der massiv betriebene Ausbau der heute 18 000 Videokameras in Zügen und der 4800 auf den Bahnhöfen auf die Gewalt-Entwicklung hat, ist unklar. Laut Bundesregierung ergebe die Auswertung der Wirksamkeit der Videos „kein einheitliches Bild“. Die Erfahrung von vier Behörden in NRW zeige aber, dass sich die Videokontrolle bewährt habe.