Düsseldorf/Essen. . Die rot-grüne Landesregierung will den Regionalverband Ruhr (RVR) deutlich aufwerten. Er bekommt mehr Kompetenzen, zum Beispiel in der regionalen Verkehrsplanung. Der RVR wird auch Aufgaben der Städte übernehmen können. Das Ruhrparlament wird ab 2020 von den Bürgern direkt gewählt.

Die rot-grüne Landesregierung will den Regionalverband Ruhr (RVR) deutlich aufwerten. Eine Reform des RVR-Gesetzes, die das Kabinett von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) am Dienstag beschlossen hat, sieht eine Stärkung des RVR als organisatorische und politische Klammer des Reviers vor.

So sollen von 2020 an die Kommunalpolitiker der RVR-Verbandsversammlung direkt über eine regionale Liste gewählt werden. Auch die Oberbürgermeister und Landräte der 15 Mitgliedsstädte und –kreise sollen sich dieser Listenwahl stellen. Zugleich werden die OBs in einem neuen Kommunalrat, der mit dem RVR verzahnt wird, regelmäßig tagen. „Der RVR ist ein stabiles und unverzichtbares Bindeglied für das Zusammenwirken der Städte und Kreise im Ruhrgebiet“, betonte NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD).

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Erstmals bekommt der Regionalverband die Möglichkeit, für einzelne Mitgliedskommunen auf Wunsch Aufgaben zu erledigen, die sonst von den städtischen Betrieben oder Ämtern einzeln übernommen wurden. Bislang war hierzu die aufwendige Gründung von Zweckverbänden notwendig. Rot-Grün verspricht sich hiervon einen Ansporn, nachbarschaftliche Aufgaben im Ballungsraum Ruhr künftig besser zu koordinieren und das berüchtigte „Kirchturmdenken“ im Revier zu überwinden. Rechtlich wird den klammen Kommunen zudem die Möglichkeit eröffnet, hoheitliche Aufgaben komplett an den RVR zu übertragen.

Verkehr, Energie, Klima und Europa als Revier-Themen

Der Regionalverband soll auch die Koordinierung regionaler Planungen im Bereich der Verkehrsentwicklung, des Klimaschutzes, der Energieversorgung und der Europaarbeit übernehmen. Bei regional bedeutsamen Projekten wie etwa der Bewerbung um Initiativen wie die europäische Klimahauptstadt kann der RVR künftig als rechtlicher Träger von 15 Revier-Kommunen wie eine Stadt auftreten. Damit sind Pflichtaufgaben nicht mehr allein auf die „Route der Industriekultur“ und den „Emscher Landschaftspark“ reduziert.

Mit der Reform des Landesplanungsgesetzes, das Rot-Grün vorbereitet, soll der RVR parallel zur besseren Abstimmung von Förderprogrammen im Revier aufgewertet werden und stets mit am Tisch sitzen. Der Bochumer SPD-Landtagsabgeordnete Thomas Eiskirch begrüßte das RVR-Gesetz als „bedeutsamen Schritt zur Stärkung des Ruhrgebietes und seiner Zukunftsfähigkeit.“ „Kompetenzen sollen erweitert, die Verbandsversammlung stärker demokratisch legitimiert werden“, so Eiskirch.

Wittke (CDU): Das kommt sehr spät

Die Direktorin des RVR, Karola Geiß-Netthöfel, freut sich „über das deutliche Signal aus Düsseldorf, die Zusammenarbeit im Ruhrgebiet zu stärken. Als Signal an die anderen Regionen im Land ist uns wichtig, dass wir weiter gute Nachbarschaft pflegen wollen.“ Oliver Wittke, der Sprecher der CDU-Bundestagsabgeordneten im Revier, und der CDU-Landtagsabgeordnete Josef Hovenjürgen hätten es gern gesehen, wenn die Direktwahl des Ruhrparlaments schon jetzt, im Mai 2014, möglich wäre und nicht erst in fünf Jahren. Wittke plädiert für eine noch weitergehende Selbstverwaltung des Reviers und für eine Beteiligung des RVR an der Gemeindefinanzierung. Die künftig 90-köpfige Verbandsversammlung sprenge jeden Rahmen, so Wittke. Selbst die meisten Landtage seien kleiner.

Die Fraktionschefin der Grünen im RVR, Sabine von der Beck, ist wie Eiskirch und Wittke froh, dass die Oberbürgermeister und Landräte künftig als Mitglieder eines „Kommunalrates“ in die Organisation des RVR eingebunden werden. Der Rat löst die von vielen kritisierte informelle Runde der Stadt-Spitzen und Landräte ab.

Die Linke ist zufrieden

Wolfgang Freye (Linke) ist „äußerst zufrieden“ mit dem Gesetzentwurf. Die vor einem Jahr in einer gemeinsamen Resolution mit anderen Parteien formulierten Vorschläge seien weitgehend in den Gesetzentwurf eingeflossen.

Die FDP hält ihn hingegen „nicht für einen großen Wurf“. „Nun legt man ein Gesetz zu spät für die Kommunalwahl vor, dessen wesentliche Teile deshalb erst auf lange Sicht (2020) wirksam werden. Es ist ein Gesetz mit langer Leitung“, sagte der FDP-Landtagsabgeordnete und Vorsitzende der Liberalen beim RVR, Thomas Nückel.

Ein persönlicher Gewinn für Frank Baranowski

Gelsenkirchens Oberbürgermeister Frank Baranowski (SPD) ist einer der Architekten der RVR-Reform. „Die Zukunft des Ruhrgebietes kann nur eine gemeinsame sein. Deshalb ist das Gesetz ein wichtiger Schritt in Richtung Zukunftsfähigkeit“, sagte Baranowski gestern nach der Lektüre des Gesetzentwurfes. „Wir ersetzen Kirchturmdenken durch pragmatische und am Wohl der Region orientierte Lösungen. Es ist daher konsequent, die Menschen ab 2020 direkt über ihre Vertretung in der Metropole Ruhr entscheiden zu lassen. Nur: Das Gesetz muss auch mit Leben gefüllt werden“, so Baranowski.