Ankara. .
Bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern verschiedener Kandidaten der Kommunalwahl in der Türkei sind gestern mindestens acht Menschen getötet worden. Vier starben nach Angaben aus Sicherheitskreisen bei einer Schießerei zwischen zwei Familien in Yuvacik in der Osttürkei. In der Provinz Hatay seien zwei Menschen bei einem Schusswechsel zwischen Verwandten zweier Kandidaten in dem Dorf Golbasi ums Leben gekommen.
Twitter und Youtube gesperrt
Das politische Klima im Umfeld der Kommunalwahl in der Türkei ist sehr aufgeheizt. Gegen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan und Mitglieder seiner Regierung wurden Korruptionsvorwürfe laut. Im Internet wurden Telefonmitschnitte veröffentlicht, die diese Vorwürfe untermauern sollen. Erdogan sprach von manipulierten Aufnahmen und einer Verschwörung gegen ihn und seine religiös-konservative Partei AKP.
International handelte sich Erdogan harsche Kritik ein, als er kürzlich den Zugang zu den Internetdiensten Twitter und Youtube sperren ließ. Die Kommunalwahl, deren Ergebnisse heute vorliegen sollen, galt daher auch als ein Test für Erdogan und seine AKP.
Für seine Anhänger ist Recep Tayyip Erdogan weit mehr als nur ein erfolgreicher Politiker. Ein Traditions- und Musikverein im nordwesttürkischen Kocaeli komponierte kürzlich einen Osmanen-Marsch für den Regierungschef, unter anderem mit der Textzeile: „Beuge dich nicht, bleibe aufrecht, wir glauben an Dich. Weiche nicht vom Weg ab, den Allah dir aufgetragen hat.“
Seit elf Jahren im Amt
In den elf Jahren seit seinem Amtsantritt hat der heute 60-Jährige die Türkei so sehr verändert wie kaum ein Staatsmann vor ihm: Wirtschaftsboom, EU-Kandidatur, Aufstieg zur Regionalmacht im Nahen Osten sind die Stichworte.
In dieser Zeit hat sich Erdogan allerdings nicht nur Freunde gemacht. Ihm schlägt mindestens so viel Misstrauen und Ablehnung entgegen wie Zuneigung. Die Opposition nennt ihn einen „Diktator“. Und die EU-Mitgliedschaft ist in weiter Ferne.