Berlin/Kiew. .
Angesichts der Ukraine-Krise erwägt die Bundesregierung, den osteuropäischen Nato-Staaten militärisch Beistand zu leisten. Die Bundeswehr könnte die Partner dort stärker unterstützen, wenn dies politisch so entschieden werde, sagte eine Sprecherin von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gestern in Berlin. Geprüft würden etwa zusätzliche Flüge der Awacs-Aufklärungsmaschinen über Rumänien und Polen sowie eine Beteiligung an einem Nato-Marinemanöver in der Ostsee.
Nicht bestätigen wollte die Sprecherin Medienberichte, wonach Deutschland bis zu sechs Bundeswehrmaschinen für eine verstärkte Luftraumüberwachung im Baltikum zur Verfügung stellen könnte. Seit dem Nato-Beitritt Estlands, Lettlands und Litauens 2004 wird das so genannte „Air Policing“ über dem Baltikum von Nato-Partnern übernommen, Deutschland war zuletzt 2012 an der Reihe.
Die USA haben ihr Kampfjet-Kontingent dort schon von vier auf zehn verstärkt und ein Tankflugzeug in die Region beordert. Großbritannien und Frankreich haben ebenfalls Verstärkung angeboten.
Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mahnte, die Nato müsse „in dieser außerordentlich schwierigen Lage“ mit kühlem Kopf handeln und sich in keine Spirale der militärischen Eskalation drängen lassen. „Gleichzeitig wissen unsere Partner, dass wir ohne Wenn und Aber zur Solidarität im Bündnis stehen – und das nicht nur bei gutem Wetter“, sagte er.
Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte, das Bündnis sei „extrem beunruhigt“ über den Aufmarsch russischer Truppen an der ukrainischen Grenze. Die Allianz werde ihre kollektive Verteidigung weiter stärken: „Wir erwägen jetzt überarbeitete Einsatzpläne, Militärmanöver und angemessene Truppen-Verstärkungen.“ So würden noch mehr Flugzeuge ins Baltikum verlegt. Morgen befasst sich der Nato-Rat mit dem Thema.
Weiter appellierte Rasmussen an alle europäischen Nato-Alliierten, ihre über die Jahre geschrumpften Verteidigungsbudgets aufzustocken. Die Ukraine-Krise müsse ein „Weckruf“ für alle Europäer sein. Russlands Präsident Putin könnte nach der Krim weitere Gebietsansprüche stellen: „Ich fürchte, dass es ihm noch nicht reicht.“
So sparen viele Nato-Länderbei den Verteidigungsausgaben
Rasmussens Mahnung hat einen konkreten Hintergrund:
Das verpasste Ziel: Nur vier der insgesamt 28 Nato-Staaten haben im vergangenen Jahr das gemeinsam vereinbarte Ziel erreicht, mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung auszugeben. Die meisten Verbündeten blieben unter dem Richtwert, der allerdings nicht verbindlich ist. Dies geht aus aktuellen Statistiken der Nato hervor.
USA vorn: Demnach wurde das Zwei-Prozent-Minimum nur von den USA (4,4 Prozent), Großbritannien (2,4), Griechenland (2,3) und Estland (2,0) erreicht. Frankreich (1,9) und die Türkei (1,8) lagen knapp darunter.
Deutschland hinkt hinterher: Die Bundesrepublik brachte es auf 1,3 Prozent – zehn Nato-Staaten gaben gemessen am Bruttoinlandsprodukt noch weniger aus. Die deutschen Verteidigungsausgaben stiegen den offiziellen Nato-Angaben zufolge von 34,17 Milliarden Euro im Jahr 2009 um 7,5 Prozent auf 36,74 Milliarden Euro im vergangenen Jahr.
Die Ausgaben: Insgesamt lagen die Verteidigungsausgaben der Nato-Staaten 2013 bei 1,02 Billionen US-Dollar. Das ist etwas mehr als im Vorjahr (1,019), aber 3,3 Prozent weniger als 2009 (1,058 Billionen Dollar).