Istanbul.. Im Streit um die Sperre des Kurznachrichtendienstes Twitter bekommt die türkische Regierung Probleme mit der Justiz. Ein Gericht hat entschieden, dass die auch international kritisierte Blockade vorerst aufgehoben werden muss.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hat mit seiner Sperre des Kurznachrichtendienstes Twitter eine juristische Schlappe erlitten. Sechs Tage nach der Blockade ordnete ein Verwaltungsgericht in Ankara an, dass die Vollstreckung der Sperre ausgesetzt werden muss. Das berichteten türkische Fernsehsender am Mittwoch.

Vizeregierungschef Bülent Arinc sagte, die Telekommunikationsbehörde werde der Entscheidung Folge leisten, sobald das Gericht sie zugestellt habe. Allerdings könne sie Widerspruch einlegen.

KommentarPräsident auch wegen Korruptionsvorwürfen unter Druck

In der Türkei sind am Sonntag Kommunalwahlen, die als wichtiger Test für die Stimmung im Lande gelten. Erdogan und seine islamisch-konservative AKP sind durch Korruptionsvorwürfe unter Druck geraten. Er hatte den für seine Gegner wichtigen Kommunikationskanal Twitter am vergangenen Donnerstag blockieren lassen. Twitter wird in der Türkei auch als Enthüllungsplattform genutzt.

Viele Türken umgehen die Sperre. So hat sich die Zahl der Nutzer des Anonymisierungsnetzwerkes Tor in der Türkei binnen einer Woche auf etwa 60 000 etwa verdoppelt. Hunderttausende Internet-Nutzer haben VPN-Datentunnel eingerichtet.

Twitter-SperreTwitter will keine Nutzerdaten weitergeben

Zunächst war die Zahl der Tweets aus der Türkei sogar gestiegen. Die Behörden bauten die Blockade dann aber aus. In den vergangenen Tagen habe sich die Zahl der Tweets auf etwa 750 000 täglich halbiert, berichtete die Zeitung "Hürriyet Daily News" am Mittwoch.

Der Kurznachrichtendienst hat seinen Nutzern die Geheimhaltung ihrer Daten zugesichert. "Twitter steht weiter dazu, die Privatsphäre unserer Nutzer in der Türkei zu verteidigen - wir werden ihr Vertrauen nicht verraten", hatte Twitter am Montag mitgeteilt. In der Vergangenheit waren Forderungen laut geworden, Twitter solle der Türkei Daten anonymer Nutzer übergeben.

Die Twitter-Sperre stieß bei westlichen Regierungen und der EU auf scharfe Kritik. Auch der türkische Staatschef Abdullah Gül kritisierte die Sperrmaßnahme. (dpa)