Den Haag. .
Ein Routinegipfel sollte es werden. Aber dann dominierte die Krim-Krise das Atomtreffen in Den Haag. Als US-Präsident Barack Obama am Montag zum Gipfel über Nukleare Sicherheit eintraf, ging es vor allem um Krisenmanagement in Sachen Ukraine. Obama hatte noch einen Gipfel der sieben wichtigsten Industriestaaten (G7) einberufen. Eine Stunde Beratung reichte, um dem russischen Präsidenten Putin eine Abfuhr zu erteilen: Die G8-Gruppe mit Russland wird es bis auf weiteres nicht mehr geben, der im Juni in Sotschi geplante G8-Gipfel wird zum G7-Gipfel in Brüssel.
In den Gartensalon des Catshuis, der Residenz des niederländischen Regierungschefs Mark Rutte, hatte Obama gebeten, um im kleinen Kreis der Staatenlenker die westliche Position gegenüber Moskau noch einmal abzustecken. „Wir sind einig darin, dass Russland für sein bisheriges Handeln bezahlen muss“, formulierte der US-Präsident. In einer gemeinsamen Erklärung der alten/neuen G7 wurde Putin mit „zunehmend bedeutsamen“ Wirtschaftssanktionen gedroht.
Kaum Handel mit den USA
Obama plädiert für Wirtschaftssanktionen des Westens, die sein Land nur geringfügig, Europa umso mehr treffen würden. Denn der Handel zwischen den USA und Russland ist mit 8 Milliarden Euro Ausfuhren und 19,5 Milliarden Euro Einfuhren fast mikroskopisch klein im Vergleich zu jenem der Europäischen Union: Die importierte 2012 für 212 Milliarden Euro vor allem Gas und Öl aus Russland. Und sie exportierte für 123 Milliarden Euro nach Russland, vor allem Maschinen. Die Diskussion über Wirtschaftssanktionen wird also in Europa vor einem anderen Hintergrund geführt als in den USA. In der EU ist der Wunsch groß, den Gesprächsfaden zu Russland nicht abreißen zu lassen. Das weiß Putin.
Andererseits ist niemand so direkt und so einschneidend betroffen, sollte Putin noch einmal zu der Überzeugung kommen, dass er dringend die bestehenden Grenzen in Europa ändern muss. Von Polen bis hin zu den drei baltischen Staaten sind EU-Mitglieder durch die gemeinsame Angst verbunden, Moskaus Annexion der Krim sei nur ein Testballon für eine russische Militäraktion zum Schutz russischstämmiger Bürger beispielsweise in Lettland. Und das weiß Obama.
In der Zwickmühle zwischen dem Wunsch, einerseits wirtschaftliche Nachteile so gering wie möglich zu halten, andererseits aber auch die eigenen Grenzen klar zu markieren, haben sich die Europäer bisher vor allem auf Drohungen einigen können. Einreiseverbote und Kontensperrungen, wie sie auch die USA verhängt haben, sind lästig und als Demonstration der Entschlossenheit gedacht, aber noch keineswegs der massive Druck, der Russland zur Umkehr bewegen könnte.
Für beide Seiten richtig schmerzhaft werden Sanktionen erst, wenn sie den Zugang zu Banken, Versicherungen für Handelsgeschäfte, Einfuhren von Hochtechnologie oder Energie betreffen. Solche Sanktionen werden zwar vorbereitet – sollen aber nur für den Fall weiterer Destabilisierung der Ukraine durch Russland in Kraft treten.