Düsseldorf. .

Verbrechensopfer in Nordrhein-Westfalen sollen künftig umfassend über den Haftverlauf ihres Peinigers informiert werden. Dazu zählen auf Wunsch Auskünfte über Freigänge, Fluchten, bevorstehende Entlassungen und über die Vermögensverhältnisse des Täters, um Schadensersatzansprüche noch nachträglich durchzusetzen. Die deutliche Stärkung der Opferrechte hat die Landesregierung im neuen „Strafvollzugsgesetz“ verankert, das an diesem Dienstag im Landeskabinett beschlossen werden soll.

Das 123 Paragrafen zählende Gesetzeswerk löst ein seit 38 Jahren geltendes Bundesrecht in den nordrhein-westfälischen Gefängnissen ab. Im Zuge der Föderalismusreform war die Regelungskompetenz auf die Länder übergangen. Neben dem Opferschutz betont Rot-Grün künftig den „aktivierenden Strafvollzug“ mit einer Ausweitung von Sozialtherapien auf möglichst viele Verurteilte.

Neben Arbeit und Hofgang soll die Behandlung mit Gruppenarbeit, psychologischer Betreuung oder Schuldnerberatung unabhängig von der Haftdauer ausgebaut werden.„Das führt dazu, dass Gefangene es sich nicht bequem machen können, sondern aktiv in den Strafvollzug eingebunden werden. Das alleinige Wegsperren ist nicht erfolgversprechend“, sagte Grünen-Rechtspolitikerin Dagmar Hanses unserer Zeitung.

Deutliche Erleichterungen für die Häftlinge stehen künftig konkreten gesetzlichen Disziplinarmaßnahmen gegenüber. So wird die Regelbesuchszeit der Gefangenen auf zwei Stunden im Monat erhöht, weitere zwei Stunden werden für minderjährige Kinder inhaftierter Eltern festgeschrieben.

Auch die als sogenannte Liebeszellen bekannt gewordenen Langzeitbesuchsräume für Paare sind im Gesetz aufgeführt. Zugleich werden Gefängnisbedienstete ermächtigt, bei Problemen Häftlinge in Ausnahmefällen zu fesseln, sie per Video zu überwachen, ihnen vier Wochen Fernsehverbot zu erteilen, persönliche Dinge wie den Wasserkocher zu konfiszieren oder auch bestimmte Besucher abzuweisen.

Als „weitgehenden Kulturwandel“ lobt die Landesarbeitsgemeinschaft der Gefängnis-Psychologen die Neuausrichtung des Strafvollzugs. NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) veranschlagt Zusatzkosten von rund 1,6 Millionen Euro jährlich, die jedoch bei abnehmenden Gefangenenzahlen in Nordrhein-Westfalen von zuletzt 1000 pro Jahr in seinem Etat eingespart werden sollen.