Berlin. . Die Bundesregierung will mit schärferen Gesetzen gegen Sozialmissbrauch durch Armutszuwanderer etwa aus Rumänien oder Bulgarien vorgehen. Eine Staatssekretärsrunde schlägt etwa befristete Wiedereinreisesperren für Sozialbetrüger vor. Betroffenen Städten will Berlin mit 200 Millionen Euro helfen.

Schärfere Regeln gegen Sozialbetrug und mehr Hilfen für Städte wie Dortmund, Duisburg, Berlin und München: Zwei Monate vor der Europawahl will die Bundesregierung den Leistungsmissbrauch durch Armutszuwanderer aus der EU eindämmen. Die Grünen kritisierten die Pläne als „Rechtsbruch mit Ansage“, in den Augen der Linkspartei treffen sie die Falschen.

Der Innenminister will vor allem eins: kein weiteres Öl ins Feuer gießen. Zahlenmäßig sei das Problem des Sozialmissbrauchs durch Armutszuwanderer „kleiner als häufig dargestellt“, erklärte Thomas de Maizière (CDU) am Wochenende. In sechs bis sieben großen Städten aber sei der Missbrauch „gewichtig und wachsend“.

Freizügigkeit stärker reguliert

Zu Beginn des Jahres hatte die CSU mit der Parole „Wer betrügt, der fliegt“ die Debatte über Armutszuwanderung angeheizt. Die Bundesregierung setzte einen Staatssekretärsausschuss ein, um Schritte gegen Missbrauch von Sozialleistungen zu prüfen. Der erste Zwischenbericht kommt am Mittwoch ins Kabinett.

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Danach dürfte die Freizügigkeit von EU-Zuwanderern künftig stärker reguliert werden: Der Bericht schlägt vor, das Aufenthaltsrecht von EU-Bürgern, die in Deutschland auf Arbeitssuche sind, zeitlich zu befristen. Bei nachgewiesenem Sozialmissbrauch soll es zudem befristete Wiedereinreise-Sperren geben. Innenminister de Maizière kündigte zudem an, deutlicher gegen diejenigen vorzugehen, die von Armutszuwanderung profitieren, indem sie Zuwanderer ins Land locken, um sie als billige Arbeitskräfte auszubeuten.

Um zu verhindern, dass Zuwanderer mehr Kindergeld beziehen als ihnen zusteht, soll die Zahlung künftig an die Vorlage einer Steuernummer gekoppelt werden. Laut Regierungsbericht hätten manche EU-Zuwanderer ihre zum Teil im Ausland lebenden Kinder mehrfach gemeldet oder Kinder erfunden. Für besonders von Armutszuwanderung betroffene Kommunen will die Regierung in den nächsten Jahren insgesamt 200 Millionen Euro zur Verfügung stellen.

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Linke attackieren „Steuerflüchtlinge“

Für die Linkspartei greifen die Pläne ins Leere: „Die Armut wird nicht weniger, wenn man die Armen bekämpft“, erklärte Sahra Wagenknecht, Parteivize der Linken, am Sonntag. Die größten „Sozialschmarotzer“ in Deutschland seien schwerreiche Steuerflüchtlinge und große Konzerne, die sich vor dem Fiskus arm rechneten. „Die plündern den Staat pro Jahr um 160 Milliarden.“ Es sei zwar richtig, dass den Städten mit besonders vielen Zuwanderern finanziell unter die Arme gegriffen werde. 200 Millionen Euro seien allerdings „viel zu wenig“.

Für die Grünen sind die Vorschläge ein „Rechtsbruch mit Ansage“: In der EU lasse sich weder das Aufenthaltsrecht von EU-Bürgern zur Arbeitssuche befristen noch Wiedereinreiseverbote nach Deutschland aussprechen, so Innenexperte Volker Beck. Mit Blick auf die versprochenen Finanzhilfen für die Städte erinnerte Beck daran, dass die Große Koalition an anderer Stelle den Hahn zugedreht habe: Die dringend erwarteten Eingliederungshilfen für Behinderte in Milliardenhöhe sollen erst später kommen. Beck warf der Union vor, mit schärferen Regelungen für Zuwanderer vor der Europawahl rechte Wähler von der europakritischen AfD abwerben zu wollen.