Duisburg/Essen. . Manche Revierstädte haben Probleme mit Bürgern, die sich nur zum Schein ins Melderegister eintragen. Gelsenkirchen verlangt seit kurzem wieder die Vorlage eines Mietvertrages. Ab Mai 2015 wird das bundesweit Pflicht.

Die Revierstädte haben Probleme mit falschen Neubürgern. Sie tragen sich als angeblich Zugezogene in die Melderegister der Städte ein, ohne dort zu wohnen. Die Verwaltungen versuchen, diese Unsitte zu stoppen. Gelsenkirchen verlangt seit Ende 2013 sogar wieder beim Eintrag ins Melderegister den Nachweis über einen bestehenden Mietvertrag.

Kurios ist ein Fall aus Duisburg. Dort hatten sich zwei Familien mit sieben Kindern für eine Adresse eingetragen, ohne je dort gesehen worden zu sein. Die Hauseigentümer erfuhren zufällig von den angeblichen Mietern, als ein Briefträger den Unbekannten Post zustellen wollte. Sie waren konsterniert, als sie erfuhren, dass es das Melderecht jedem ermöglicht, sich ohne Vermieter-Nachweis irgendwo anzumelden. Um ein Haar wären die Müll- und Abwassergebühren für das Haus erhöht worden, weil die Kommune von elf weiteren Personen dort ausgehen musste.

Problemhäuser in der Nordstadt

Nachfragen dieser Zeitung haben ergeben: In Duisburg, Dortmund, Essen, Gelsenkirchen und Bochum fallen immer wieder solche „Schein-Mieter“ auf. Die Behörden sprechen von „Einzelfällen“. Dortmund berichtet aber von ähnlich gelagerten Erfahrungen in der nördlichen Innenstadt. „Hier waren es die sogenannten ,Problemhäuser’, unter deren Adresse viel mehr Menschen gemeldet waren, als dort tatsächlich wohnten. Jeweils nach einer Besichtigung der Immobilien durch das Ordnungsamt wurde das Melderegister bereinigt“, sagte Stadt-Sprecher Hans-Joachim Skupsch.

Dortmund hofft, dass „die Problematik bald nicht mehr so häufig auftritt“. Ab Mai 2015 verlangt nämlich das Meldegesetz wieder bei jedem Wohnsitzwechsel bundesweit die Vorlage einer Vermieterbescheinigung. Gelsenkirchen lässt sich den Mietvertrag heute schon beim Eintrag ins Melderegister vorlegen. Bochum und Essen ebenso, aber nur „in Ausnahmefällen“, wenn ein konkreter Verdacht besteht.

Das Melde-System hat viele Schwachpunkte

Wenn Bürger in Deutschland umziehen und sich woanders anmelden, geht diese Info auf elektronischem Weg sofort zu der Kommune, in der sie zuvor lebten. Aber das System hat Schwachpunkte: Was ist, wenn sich Umziehende am neuen Wohnort nicht anmelden? Oder behaupten, gerade aus dem Ausland eingereist zu sein? Dann erfährt die Stadt womöglich jahrelang nichts von dem Fortzug. Häufig ist es so, dass Bürger ins Ausland ziehen, ohne sich abzumelden. All diese Fälle überfordern die Ämter.

Sollte der angebliche Wohnsitz dazu gedient haben, Sozialleistungen zu beantragen, kann es sein, dass selbst Monate nach der Entdeckung einer falschen Adresse weiter zum Beispiel Kindergeld gezahlt wird. Die Familienkassen in Deutschland führen nämlich nur einmal im Jahr einen Datenabgleich durch: zum 20. September.

Uwe Siemon, Chef des Einwohnermeldeamtes Essen, spricht von „schwarzen Schafen“, die der Verwaltung eine Menge Arbeit bescherten. Ab Mai 2015 muss beim Eintrag ins Melderegister einer Stadt wieder eine Bestätigung des Vermieters präsentiert werden. Darin soll stehen, wann jemand in eine Wohnung eingezogen ist. Aber Siemon gibt zu bedenken, dass es relativ leicht sei, eine solche Bescheinigung zu fälschen.

In Gelsenkirchen und anderswo fällt eine weitere Gruppe auf: Menschen, die ständig einen neuen Wohnsitz innerhalb einer Stadt anmelden. Manche hatten schon 30, 40 oder noch mehr Adressen.

Wozu ein Eintrag ins Melderegister?

Dietmar Breer, Fachanwalt für Verwaltungs- und Sozialrecht aus Gronau, erklärt, wozu der Eintrag ins Melderegister wichtig sein kann: „Der Nachweis über einen festen Wohnsitz ist für eine Vielzahl von Leistungen eine Grundvoraussetzung. Man braucht ihn zum Beispiel, um Sozialleistungen wie Hartz IV, Kinder-, Arbeitslosen- oder Wohngeld zu beantragen. Wer ein Fahrzeug anmelden möchte oder neue Ausweise benötigt, muss ebenfalls einen festen Wohnsitz gemeldet haben.“

Bei Gewährung des Kindergeldes prüfe die Familienkasse bei Kinder unter 18 Jahren nicht den tatsächlichen Aufenthalt, wenn sie bei dem Kindergeldberechtigten gemeldet sind. Breer: „Der Personalaufwand hierfür wäre viel zu groß. Intensivere Prüfungen der Kindergeldzahlungen erfolgen erst nach dem Erreichen der Volljährigkeit und natürlich in Scheidungsfällen oder wenn ansonsten Besonderheiten amtlich bekannt werden.“