Düsseldorf.
Die von der Großen Koalition in Berlin geplante abschlagsfreie „Rente mit 63“ nach 45 Beitragsjahren trifft auf massiven Widerstand der CDU-Wirtschaftsvereinigung. NRW-Landeschef Hendrik Wüst kritisiert die Pläne als „unbezahlbar“ und warnt vor höheren Rentenbeiträgen. Außerdem werde die teuerste Frühverrentung der letzten Jahrzehnte auf Kosten der jüngeren Beitragszahler finanziert.
Die abschlagsfreie Rente mit 63 wird nach Schätzungen bis zum Jahr 2030 zwischen 160 und 230 Milliarden Euro kosten. Ist das überhaupt bezahlbar?
Wüst: Nein. Auch wenn das Arbeitsministerium nur 35 Milliarden Euro höhere Ausgaben erwartet. Bis 2030 gehen die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer in Rente. Dafür wird jeder Euro in der Rentenkasse gebraucht.
Ein Projekt zu Lasten der jungen Generation? Drohen höhere Rentenbeiträge?
Künftige Rentner-Generationen werden die Zeche zahlen müssen. Die Beitragszeit wird kürzer, die Zeit als Leistungsempfänger länger. Will man die Renten nicht kürzen, müssen die Rentenbeiträge steigen.
Die Bundesagentur für Arbeit erwartet, dass im ersten Jahr der Regelung rund 200 000 Arbeitnehmer früher in Rente gehen, weil sie keine Abzüge haben. Verschärft das die Fachkräfte-Lücke?
Ja, absolut. Bei dem Adressatenkreis mit 45 Beitragsjahren handelt es sich in der Regel um gut ausgebildete Fachkräfte. Statt Fachkräfte früher in Rente zu schicken, sollten wir lieber über einen flexiblen Renteneintritt diskutieren.
Die Sozialdemokraten wollen auch Zeiten der Arbeitslosigkeit auf die Beitragsjahre anrechnen. Wie kann verhindert werden, dass Arbeitnehmer künftig mit 61 Jahren aufhören und sich dann zwei Jahre arbeitslos melden?
Dazu brauchen wir eine Stichtagsregelung, zum Beispiel den 1. Januar 2014. Außerdem fordern wir, dass maximal fünf Jahre Arbeitslosigkeit angerechnet werden. Zwei Jahre Arbeitslosigkeit auf dem Papier zwischen 61 und 63 Jahren wären der Super-Gau.
Sehen Sie noch Chancen, das umstrittene Rentenprojekt zu stoppen?
Den Koalitionsvertrag wird man nicht aus den Angeln heben können. Mit der Stichtagsregelung und einer Begrenzung auf fünf Jahre Arbeitslosigkeit könnte aber das Schlimmste verhindert werden.