Düsseldorf.. Die Zahl der Asylverfahren von Roma aus Ex-Jugoslawien haben sich seit 2009 im Bezirk des Düsseldorfer Verwaltungsgerichts verzehnfacht – trotz einer Erfolgsquote von null Prozent, denn die Betroffenen gelten nicht als politisch Verfolgte. Die Prozesse dauern Jahre - solange gilt ein Abschiebestopp.
Die NRW-Justiz versinkt in einer Flut aussichtsloser Asylverfahren von Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien. Allein im Verwaltungsgerichtsbezirk Düsseldorf hat sich die Zahl der Fälle aus Ländern wie Serbien, Mazedonien oder Bosnien-Herzegowina seit 2009 mehr als verzehnfacht. Im vergangenen Jahr sind dort 1875 Asylverfahren von Roma eingegangen – mit einer Erfolgsquote von null Prozent.
„Auch aussichtslose Verfahren müssen rechtsstaatlich sauber abgewickelt werden. Das bindet Richterkraft, die in anderen Asylverfahren, im Gewerberecht oder im Baurecht fehlt“, sagte der Vorsitzende Richter Gerd-Ulrich Kapteina. Inzwischen müssen sich am Verwaltungsgericht Düsseldorf neben der eigentlich zuständigen Kammer noch fünf weitere mit Anträgen der Roma auf Anerkennung als Asylberechtigte befassen. Anhörungen, Dolmetscherdienste und schriftliche Urteile sind auch in Verfahren ohne jede Erfolgschance vorgeschrieben.
Durch Folgeanträge ziehen sich die Verfahren Jahre hin - die Betroffenen bleiben
Zum Hintergrund: Trotz oft elender Lebensbedingungen werden Roma aus dem ehemaligen Jugoslawien in Deutschland nicht als politisch Verfolgte anerkannt. Anders als Roma aus den EU-Staaten Bulgarien und Rumänien haben sie kein dauerhaftes Bleiberecht. Bis zur Abschiebung stehen ihnen jedoch Asylbewerberleistungen zu, die 2012 auf Geheiß des Bundesverfassungsgerichts angehoben wurden.
Da auch bei abgewiesenen Asylanträgen durch die Behörden eine beliebige Zahl an Folgeanträge gestellt und juristisch durchgefochten werden kann, ergibt sich zuweilen ein jahrelanger Abschiebestopp. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat bereits Fälle verhandelt, die bis ins Jahr 1991 zurückreichen. In einigen wenigen Verfahren erreichen die Betroffenen ein Bleiberecht aus gesundheitlichen Gründen, was sich „kleines Asyl“ nennt. In der Richterschaft wird derweil über „sinnleere Verfahren“ gesprochen. Allein im Verwaltungsgerichtsbezirk Düsseldorf werden in den kommenden fünf Jahren weitere 9400 Roma-Fälle erwartet. Sollte die Visa-Pflicht für Bürger aus dem Kosovo gelockert werden, dürften es noch weit mehr sein. „Dann wird sich die Situation weiter verschärfen“, sagte Kapteina. Offenbar haben sich szenekundige Anwälte auf solche Verfahren spezialisiert. Zuweilen würden Prozessvollmachten eingereicht, die von Analphabeten unter den Roma nur mit drei Kreuzen unterschrieben seien, heißt es in Düsseldorf.
„Sichere Herkunftsstaaten“ als Lösung
Die Große Koalition in Berlin hat das Problem im Blick. Union und SPD vereinbarten in ihrem Koalitionsvertrag, Bosnien, Mazedonien und Serbien als sichere Herkunftsstaaten einzustufen. Innen-Staatssekretär Günther Krings (CDU) hatte dies jüngst noch einmal bekräftigt: „Die Bearbeitung aussichtsloser Asylanträge geht letztendlich zu Lasten derjenigen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind und denen wir helfen wollen, weil sie in ihrer Heimat politisch verfolgt werden.“
Die Flut an Asylverfahren würde durch die Einstufung Ex-Jugoslawiens als „sicher“ zwar nicht sofort abebben, die Entscheidung über Asylklagen für die Justiz jedoch weniger aufwendig.