Washigton. .

„Wladimir Putin zu dämonisieren, ist keine Strategie. Sondern das Alibi dafür, dass eine Strategie fehlt.“ Der Satz stammt von Henry Kissinger. Wenn auch schon bald 40 Jahre außer Dienst, hört Amerika immer noch genau hin, wenn der Alt-Außenminister der Nixon- und Ford-Jahre das Wort ergreift. Wie gestern in der „Washington Post“. In einem Beitrag zur Krise in der Ukraine, die seit Jahrhunderten die Geburtsstätte russischer Identität und Religion sei, liest Kissinger Amerikas Eliten die Leviten. „Das Wissen um die russische Geschichte und Psychologie sind nicht die Stärken der US-Politiker.“

Kissinger nennt Putin einen „ernsthaften Strategen - im Rahmen der russischen Geschichte“ und warnt Washington davor, Russland als „Anomalie“ zu behandeln. In Hillary Clintons Ohren müssen die altersweisen Worte schrill geklungen haben. Die Ex-Außenministerin, die sich kanalarbeiterisch für den Präsidentschaftswahlkampf 2016 warmläuft, ohne sich bisher definitiv erklärt zu haben, hat mit einem bewusst gesetzten Hitler-Putin-Vergleich das Gegenteil von dem getan, was Kissinger für angeraten hält.

„Ein wenig historische Einordnung“

Bei einer Veranstaltung in Kalifornien hat Clinton die Handlungsweisen Putins in der Ukraine in die Nähe des Nazi-Diktators gerückt. „Wenn einem das bekannt vorkommt, es ist das, was Hitler damals in den 30er-Jahren tat“, sagte sie wörtlich. Als die Meldung in der leicht erhitzbaren Medien-Industrie der USA Wirbel auslöste, justierte die erfahrene Politikern vor Studenten der Universität UCLA in Los Angeles nach. Sie habe „gewiss“ nicht Putin mit Hitler vergleichen, sondern nur „ein wenig historische Einordnung geben wollen“.

Als da wäre: Putin begründe die russische Militärpräsenz auf der Krim damit, dass dort russische Minderheiten zu schützen seien. Clinton: „Dies erinnert an die Behauptungen, als Deutschland unter den Nazis immer davon sprach, wie sie ihre deutschen Minderheiten in Polen, der Tschechoslowakei und anderswo in Europa beschützten müssten.“

Alte Gefolgsleute entsetzt

Alte Gefolgsleute zeigten sich entsetzt. „Diese Bemerkung wird sicher die russische Meinung anheizen“, sagte James Collins, unter Hillarys Mann Bill US-Botschafter in Moskau.

Im Weißen Haus schüttelt man über das Manöver der 66-Jährigen den Kopf. Clinton wolle sich offenbar mit Macht von ihrer Zeit als Außenministerin unter Obama distanzieren und damit Punkte vor einer etwaigen Nominierung der Demokraten für 2016 erringen. Seinerzeit war sie das diplomatische Vorzeigegesicht eines von Obama verkündeten Kurswandels hin zu einer versöhnlicheren Russlandpolitik, die im Lichte der Krise in der Ukraine als gescheitert gilt. Heute nennt Clinton Putin einen „harten Kerl mit dünner Haut“, der an den geografischen Rändern Russlands die alte Sowjetunion wieder aufleben lassen wolle. Versteckte Botschaft: Ich kenne seine schwachen Stellen...