Hannover.
Die Zeichen stehen auf Freispruch. Im Korruptionsprozess gegen den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff hat die Verteidigung gestern in ihrem Plädoyer Aussagen des Vorsitzenden Richters aufgegriffen – dieser hatte im Verlauf des Verfahrens die Vorwürfe gegen Wulff als unhaltbar bezeichnet. Die Staatsanwaltschaft verzichtete in ihrem Plädoyer auf eine Strafmaß-Forderung.
Der Vorsitzende Richter Frank Rosenow hatte es im Dezember als nicht beweisbar bezeichnet, dass Wulff in seiner Zeit als niedersächsischer Ministerpräsident von den infrage stehenden finanziellen Zuwendungen seines mitangeklagten Freundes David Groenewold überhaupt gewusst habe. Der Film-Manager hatte teilweise die Kosten einer privaten München-Reise des Ehepaars Wulff im September 2008 zum Oktoberfest bestritten.
Verteidiger Michael Nagel sagte dazu in seinem Plädoyer: „Wenn die eine Seite nicht weiß, was die andere Seite tut, scheiden Korruptionsvorwürfe aus.“ Wulff selbst äußerte in seinem Schlusswort die Erwartung, dass er freigesprochen wird. Er war fast genau zwei Jahre zuvor – am 17. Februar 2012 – vom Amt des Bundespräsidenten zurückgetreten, nachdem die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet hatte. Anstelle eines Strafmaßes beantragte die Staatsanwaltschaft, erneut in die Beweiserhebung einzutreten. Oberstaatsanwalt Clemens Eimterbäumer beklagte – offenkundig mit Blick auf die Äußerungen des Richters –, das Verfahren sei für seine Behörde „kein Heimspiel gewesen“. Anders als die Kammer sieht Eimterbäumer einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Groenewolds Zahlungen in München für das Ehepaar Wulff in Höhe von 770 Euro und dem späteren Engagement des Ministerpräsidenten für ein Filmprojekt des Managers. Sollte die Zweite Große Strafkammer den Antrag auf neue Beweisaufnahme ablehnen, ist das Urteil für Donnerstag nächster Woche zu erwarten.