Berlin. . Kein Schlussstrich. CSU-Chef Horst Seehofer sieht Vertrauen in die SPD beschädigt

Die Vertrauenskrise in der Koalition ist auch nach dem Spitzentreffen der drei Parteichefs nicht beendet. Zwar bemühen sich die Beteiligten, Zweifel an der Handlungsfähigkeit der Regierung zu zerstreuen. Doch CSU-Chef Horst Seehofer räumte nach dem Treffen anhaltende Spannungen ein: Er sieht kein Vertrauensverhältnis mehr zur SPD, ist „tief erschüttert“ vom Verlauf der Affäre Edathy.

Bei dem gut zweistündigen Gespräch am Dienstagabend versicherten sich die Parteichefs von CDU, CSU und SPD, dass sie die Regierung weiterführen wollen – „im Geist der gemeinsamen Verantwortung“, wie eine Regierungssprecherin sagte. Aber trotz vereinbarter Vertraulichkeit wurde bald klar, dass Merkel, Seehofer und Gabriel im Kanzleramt keinen Schlussstrich zogen.

„Eine gewisse Erschütterung“

Seehofer ließ gestern seiner Enttäuschung über die SPD-Spitze und ihren Vertrauensbruch freien Lauf. Er habe früh für die Große Koalition geworben, sei anfangs stolz gewesen, „deshalb gibt es bei mir eine gewisse Erschütterung“. Seehofer schließt weiterhin Rücktritte auf SPD-Seite nicht aus, droht sogar mit einem Untersuchungsausschuss, wenn die Aufklärungsversuche von Bundestag und Justiz nicht ausreichten. Die Koalition mache zwar weiter, aber nur in einem „Arbeitsverhältnis“, sagte Seehofer. Vertrauen müsse erst langsam wieder hergestellt werden. Die Verantwortung, darin bestand beim Krisengipfel Einigkeit, tragen dafür vor allem die drei Vorsitzenden, speziell der SPD-Chef.

Offene SPD-Kritik an Merkel

Dass Gabriel jetzt bei Sachthemen einlenken müsse, etwa bei der Pkw-Maut, wird von allen Seiten bestritten. Seehofer sagte: „Es darf unter keinen Umständen einen Kuhhandel geben. Das ist Auffassung aller drei Parteichefs.“ Doch erwartet die Unionsspitze von Gabriel größere Bemühungen, in der Koalition die Gemeinsamkeiten herauszustellen.

Auf SPD-Seite herrscht nach dem Krisengipfel deshalb Nachdenklichkeit. Zwar wird registriert, dass die Union um eine moderatere Tonlage bemüht ist. Noch gibt es auch Verständnis für die Empörung der Union darüber, dass allein CSU-Mann Hans-Peter Friedrich die Konsequenzen tragen musste. Inzwischen wird in der SPD-Führung aber der Vorwurf, Merkel habe Friedrich unnötigerweise fallen lassen, immer offenen ausgesprochen. „Er hätte nicht zurücktreten müssen“, sagte Vorstandsmitglied Joachim Poß.