Berlin. .
Zum Krisentreffen im Kanzleramt gestern Abend hatte Angela Merkel gleich zwei Botschaften für ihren Koalitionspartner SPD. Die gute: Eine Eskalation in der Edathy-Affäre will die Kanzlerin weiterhin vermeiden. Sie sei optimistisch, dass das gegenseitige Vertrauen wieder hergestellt werden könne, erklärte die Kanzlerin vor ihrem Gespräch mit SPD-Chef Sigmar Gabriel und CSU-Chef Horst Seehofer. Erst aber, so mahnte Merkel, müssten „alle offene Fragen auf den Tisch und geklärt werden“. Doch für die Rückkehr zum Koalitionsfrieden, und das ist die schlechte Nachricht, verlangt die Union einen politischen Preis – und sieht so lange zu, wie führende SPD-Politiker schmoren.
Frage-Marathon im Bundestag
Nach dem Sechs-Augen-Krisentreffen ist für heute ein Frage-Marathon im Bundestag geplant: Im Innenausschuss müssen sich nicht nur BKA-Präsident Jörg Ziercke und SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann den Fragen stellen, wer wen über den Verdacht gegen den damaligen SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Edathy informierte. Sieben Beteiligte sind geladen – auch Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) müssen Auskunft erteilen, wann sie welche Informationen über den Fall erhielten und weitergaben.
Von einer Bringschuld der Sozialdemokraten, die Affäre vollständig aufzuklären, spricht die Unionsführung und schließt sogar einen Untersuchungsausschuss nicht aus. Wer alles wusste vom Verdacht gegen Edathy? War er gewarnt? Warum hat Oppermann Ziercke angerufen? Warum gab Gabriel vertrauliche Informationen des damaligen Innenministers Hans-Peter Friedrich (CSU) weiter? Die Zusammenarbeit sei auf vielen Ebenen belastet, erklärt die Unionsfraktions-Spitze.
Und auch CSU-Chef Horst Seehofer klagt über „gestörtes Vertrauen“. Es gehe auch um Verantwortung, so Seehofer drohend in Richtung Oppermann. Der SPD-Fraktionschef glaubt, „durch konkrete Sacharbeit wieder Vertrauen herstellen zu können“: Er und Unionsfraktionschef Volker Kauder seien „Stabilitätsanker der Koalition“.
Aber so einfach ist die Sache für die CSU nicht. Die leckt noch die Wunden. „Das hat verdammt weh getan“, klagte CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt. Kritik an Ex-Minister Friedrich wird in der Landesgruppe nicht geübt. Und er selbst zeigt erst recht keinerlei Unrechtsbewusstsein. „Wieso bist du eigentlich derjenige, der zurücktreten muss, wo du nur deine Pflicht getan hast?“ fragte er vielsagend im ZDF. Stunden später teilte indes die Staatsanwaltschaft Berlin mit, dass sie Vorermittlungen gegen Friedrich wegen des Verdachts des Geheimnisverrats führt.
Hasselfeldt lenkt jetzt den Fokus von Oppermann auf Gabriel. Vertrauen sei beschädigt worden. Nur Gabriel hatte Friedrich im Herbst 2013 eingeweiht in der Annahme, es bleibe vertraulich. Nun überlegt die CSU, wie sie aus der defensiven Haltung der SPD Kapital schlagen kann. Um Kompensationsgeschäfte geht es: Zugeständnisse in Sachfragen gegen Friedrichs Schmach. Hasselfeldt zur SPD: „Die müssen einen Vertrauensbeweis liefern.“