Brüssel. .

Der Volksentscheid zur Begrenzung der Zuwanderung könnte die Schweiz teuer zu stehen kommen. Brüssel hat die Verhandlungen mit Bern über milliardenschwere Programme zum Studentenaustausch und zur Forschungsförderung ausgesetzt. Damit könnten der Schweiz EU-Gelder für Forschung und Bildung entgehen.

Konkrete Summen nannte die EU-Kommission am Montag in Brüssel nicht. Sie verwies aber darauf, dass die Schweiz wohl ab 2015 keine Studenten mehr über das Austauschprogramm „Erasmus+“ in die EU schicken könnte. Bislang profitierten 2900 Schweizer Studenten jedes Jahr von einem Erasmus-Stipendium.

Kroaten dürfen nicht kommen

Auch die Verhandlungen über eine Beteiligung der Schweiz an dem milliardenschweren Forschungsprogramm Horizon 2020 wurden auf Eis gelegt. In der letzten Finanzperiode von 2007 bis 2013 hatte die Schweiz laut EU-Kommission mehr als 1,8 Milliarden Euro aus diesem Programm erhalten.

Auslöser für den Schritt war, dass die Regierung in Bern ein geplantes Abkommen zur Öffnung ihres Arbeitsmarkts für Bürger des EU-Neumitglieds Kroatien gestoppt hat. „Ich kann bestätigen, dass es eine enge Verbindung (zwischen beidem) gibt“, so eine Sprecherin der EU-Kommission. Es sei eine „neue, unsichere Situation“ entstanden. „Erasmus+“ und „Horizont 2020“ basierten auf dem Prinzip der Personenfreizügigkeit, weil sie Studenten und Wissenschaftlern das Leben und Arbeiten in EU-Ländern ermöglichten. Die Bundesregierung in Bern müsse nun für Klarheit sorgen: „Wir erwarten ein Signal von der Schweizer Regierung“, so die Sprecherin der Kommission.

Das derzeitige akademische Jahr 2013/2014 sei aber noch nicht betroffen, sagte der Sprecher von EU-Bildungskommissarin Vassiliou. Allerdings hätten in Zukunft noch mehr Schweizer von dem Programm profitieren können, da Erasmus ausgeweitet wird. Laut EU-Kommission hätten dann jährlich 4500 Schweizer Studenten nach Europa kommen können.

Die Schweizer hatten vor einer Woche mit knapper Mehrheit einer Volksinitiative gegen „Masseneinwanderung“ zugestimmt, die auch die Zuwanderung aus der EU begrenzt. An diesem Wochenende hatte die Schweizer Justizministerin Sommaruga der kroatischen Außenministerin Pusic mitgeteilt, dass daher der Abschluss völkerrechtlicher Verträge, die eine unbegrenzte Zuwanderung bedeuten würden, untersagt sei. Ein fertig ausgehandeltes Protokoll gewährt Kroatien aber nach zehn Jahren volle Freizügigkeit.

Schweizer Präsident trifft Merkel

Der Volksentscheid wird auch das Hauptthema eines Besuchs des Schweizer Bundespräsidenten Didier Burkhalter am heutigen Dienstag in Berlin bei Bundeskanzlerin Angela Merkel sein.

Laut Volksentscheid hat die Schweizer Regierung drei Jahre Zeit, den Beschluss umzusetzen. Sieben Abkommen zwischen der EU und der Schweiz stehen nun infrage. Sie regeln neben der Freizügigkeit die Teilnahme der Schweiz am EU-Binnenmarkt. Die EU hatte damals eine „Guillotine-Klausel“ durchgesetzt, nach der alle diese Abkommen ungültig werden könnten, wenn die Schweiz die Freizügigkeit aufkündigt.