Berlin. .
Die Schweizer Volksabstimmung für eine strikte Begrenzung der Zuwanderung hat in Deutschland große Besorgnis in Politik und Wirtschaft ausgelöst. Die Bundesregierung warnt kaum verhüllt vor Konsequenzen für die Handelsbeziehungen, wenn die Schweiz die Freizügigkeit für EU-Bürger tatsächlich einschränkt. Befürchtet wird in Berlin aber auch eine Belastung des Europawahlkampfs.
Kanzlerin Angela Merkel bemühte sich gestern zwar um diplomatische Zurückhaltung, äußerte trotz Bedauerns „Respekt“ für die Entscheidung der Schweizer Bürger. Merkel sagte dennoch „schwierige Gespräche“ und „erhebliche Probleme“ voraus. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wurde deutlicher: „Die Schweiz hat sich selbst geschadet.“
Deren Bürger hatten sich am Sonntag mit knapper Mehrheit für eine zahlenmäßige Beschränkung der jährlichen Zuwanderung ausgesprochen. Dafür muss Bern das Freizügigkeitsabkommen mit der EU neu verhandeln.
Die Bundesregierung betonte umgehend, dass dieses Abkommen und sechs weitere Verträge zum privilegierten Zugang der Schweiz zum EU-Binnenmarkt „eine Einheit“ bilden – wird ein Vertrag verletzt, kann die EU die anderen etwa zu Zoll- und Handelserleichterungen für die Schweiz aussetzen.
In der Schweiz leben fast 300 000 Deutsche, aktuelle Verträge mit Fachkräften sind von den geplanten Begrenzungen nicht betroffen.
Scharfe Kritik an dem Schweizer Votum kam auch aus anderen europäischen Ländern. Frankreichs Außenminister Laurent Fabius sagte: „Wir werden die Beziehungen zur Schweiz überdenken.“ Luxemburgs Ressortchef Jean Asselborn: „Das wird Konsequenzen haben, das ist deutlich.“
Rechtsradikale Parteien in Deutschland und der Europäischen Union feierten das Ergebnis der Volksabstimmung als Erfolg. Die eurokritische AfD plädierte für Volksabstimmungen auch in Deutschland, um ein neues Zuwanderungsrecht zu schaffen.