Iserlohn. .

Auch in Deutschland wird die Debatte um Zuwanderung hitzig geführt. Während um qualifizierte Einwanderer geworben wird, wächst die Sorge vor einer grenzenlosen Einwanderung in die Sozialsysteme – von armen EU-Bürgern. Nun sorgt eine spanische Familie, die sich in Iserlohn niedergelassen hat, für Schlagzeilen. Das Dortmunder Sozialgericht sprach der mittellosen Familie mit vier Kindern Hartz-IV-Leistungen zu, obwohl EU-Ausländer, die sich in Deutschland einen Job suchen, keinen Anspruch auf Arbeitslosenhilfe haben. Nun soll die Familie monatlich 1033 Euro bekommen.

Das Gericht berief sich auf europäisches Recht, wonach EU-Bürger im Vergleich mit anderen Ausländern, die sofort Anspruch auf Hartz IV haben, nicht benachteiligt werden dürfen. Weil zuletzt verschiedene Sozialgerichte in ähnlichen Fällen zu unterschiedlichen Urteilen kamen, verwies das Bundessozialgericht im Dezember eine Grundsatzentscheidung an den Europäischen Gerichtshof.

„Die Familie hat sich sehr über das Urteil gefreut“, sagt deren Iserlohner Rechtsanwalt Lars Schulte-Bräucker dieser Zeitung. Sie hoffe nun, in Deutschland Fuß fassen zu können. Familienvater Said El Kadi D. lernt längst Deutsch und möchte wieder wie in Spanien als Bäcker arbeiten. Dort wurde er nach 20 Jahren ohne Abfindung entlassen.

Einen neuen Job fand er nicht. In Iserlohn arbeitet er inzwischen als Pizzabäcker für 120 Euro im Monat, seine erwachsene Tochter hat einen Minijob in einem Restaurant. Hinzu kam bislang das Kindergeld. „Die Familie lebte von der Hand in den Mund“, betont ihr Rechtsanwalt.

Das Leben in Deutschland hatte sich die Familie mit arabischen Wurzeln anders vorgestellt, sagt Schulte-Bräucker. Verzweifelt über die Krebserkrankung der Ehefrau und Mutter und geblendet von einem wohl verherrlichenden Fernsehbericht über die Möglichkeiten für spanische Einwanderer in Deutschland kam sie im Juli 2013 in Iserlohn an.

Rechtsanwalt Schulte-Bräucker, Spezialist für Sozialrecht, geht davon aus, dass nun weitere arbeitslose EU-Bürger den Klageweg beschreiten. Welches Urteil Schulte-Bräucker vom EuGH erwartet? Er könne nur hoffen, dass die Entscheidung zugunsten der EU-Ausländer in Deutschland gefällt wird. Sollte er recht behalten, kommen auf die Kommunen erhebliche Kosten zu: Betroffen sind 130 000 Menschen.