Essen. Klare Absage an einen härteren Kurs gegen Steuersünder: Im ARD-Talk von Günther Jauch hat Finanzminister Schäuble sich gegen eine Abschaffung der Verjährungsfrist ausgesprochen. Auch solle es keine schwereren Sanktionen geben. Spiegel-Mann Nikolaus Blome brachte gleich neue Verdächtige ins Spiel.

Kein neuer Kurs gegen Steuersünder. In Günther Jauchs ARD-Talk am Sonntag hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble härterem Vorgehen Absagen erteilt. Es solle bei der Verjährungsfrist von zehn Jahren bleiben. Schwerere Strafen auch nach Selbstanzeige wolle er nicht. Wie man Steuersündern beikommen könne? Schäuble vermittelte die Einstellung, das werde sich angesichts verschwindender Steueroasen schon von alleine regeln.

Dabei ist es durchaus zum Aufregen, auch wie Prominente auf Enthüllungen reagieren: Post-Geschäftsführer Klaus Zumwinkel hat sich nicht mit dem Schweizer Konto beschäftigt, Zeit-Chefredakteur Theo Sommer hatte keine Zeit für seine Steuern, FC-Bayern-Manager Uli Hoeneß verwies darauf, wie viel er in Deutschland trotz Unterschlagung gezahlt habe, der Bundesschatzmeister der CDU, Helmut Linssen, wollte Geld für seine Mutter zurücklegen und Alice Schwarzer legte in den 80er Jahren ein Konto in der Schweiz an, weil sie sich in Deutschland unter Druck gesetzt fühlte und über Auswanderung nachdachte.

Um eine Ausrede ist kaum einer verlegen

Bekannte deutsche Bürger, die wegen mutmaßlicher oder nachgewiesener Steuervergehen in die Öffentlichkeit geraten sind, sind vor allem um eines nicht verlegen: Eine Ausrede. Und genau die kann sie schnell ihre öffentliche Reputation kosten, da waren sich die Talkgäste bei Jauch einig.

Die Ursprungsfrage der Sendung "Schwarzer und Co. am Steuer-Pranger - endet beim Geld die Moral?" wollte aber keiner so recht beantworten. Wolfgang Schäuble beharrte mit einer "Wer noch nichts Verbotenes getan hat, werfe den ersten Stein"-Haltung weiter auf Straffreiheit bei Selbstanzeige. Der Unternehmer und betont begeisterte Steuerzahler Dirk Roßmann gab ihm Recht, weil durch die öffentlich gemachten Promi-Fälle die Angst vor dem "Erwischt werden" geschürt werde und es mehr Steuernachzahlungen gebe.

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Rufmord-Vorwurf weist Spiegel-Chef zurück

Die ehemalige Staatsanwältin im Zumwinkel-Fall Margrit Lichtinghagen plädierte für höhere Auflagen bei Selbstanzeigen bei schweren Steuervergehen, um mehr soziale Gerechtigkeit zu schaffen. Und Spiegel-Chef Nikolaus Blome machte deutlich, dass die Medien nicht dafür zuständig seien, dass Geld "in Schäubles Kassen" gespült werde.

Und dennoch hatte der Spiegel vergangene Woche den Fall Alice Schwarzer bekannt gemacht. Man habe Schwarzer geoutet, um eine neue Facette des jahrzehntelangen Vorbildes für Anstand und Integrität auszuleuchten. "30 Jahre Kampf um Gleichberechtigung werden dadurch nicht mit einem Radiergummi weggewischt", so Blome. Den Rufmord, den Alice Schwarzer dem Wochenmagazin danach vorgeworfen habe, wies der Spiegel-Chef zurück. Alles sei recherchiert und Alice Schwarzer habe alles bestätigt. In einem anderen Fall reicht die Recherche für eine Namensnennung nicht aus: Der Name eines prominenten Fußballers aus der Nationalmannschaft 1990 soll sich auf einer Steuer-CD befinden. Man entscheide eben nach Einzelfall.

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Schärfere Konsequenzen auch nach Selbstanzeige?

Der Unternehmer Dirk Roßmann hätte an dieser Stelle für Zündstoff im Talk sorgen sollen. Er hatte sich vor zwei Tagen noch mit Unverständnis auf die Veröffentlichung von Alice Schwarzers Namen im Spiegel reagiert, weil er davon ausgegangen war, dass der Fall bereits abgeschlossen gewesen sei - nun ruderte er aber zurück. Wenn noch geprüft werde, ob Alice Schwarzers Selbstanzeige rechtmäßig gewesen sei, sei es richtig zu informieren.

Denn straffrei bleibt in Deutschland nur, wer sich selbst wegen eines Steuervergehens anzeigt, bevor er Kenntnis von einer Ermittlung wegen dieses Vergehens hat. "Wir werden bald eine Debatte haben, ob Selbstanzeige mehr Konsequenzen haben sollte", so Bundesfinanzminister Schäuble. Er erteilte dieser Debatte direkt eine klare Absage.

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"Die meisten Steuerbetrüger hätten wir sonst nicht bekommen"

Aber obwohl Steueroasen in Europa vertrocknen und es in der Schweiz kein Bankgeheimnis mehr gibt, so dass sich Steuerbetrüger bald wohl nicht mehr verstecken können, hält Schäuble an der Selbstanzeige und der Verjährungsfrist von zehn Jahren fest. 25.000 mutmaßliche Steuerbetrüger hatten sich 2013 selbst angezeigt. 2012 waren es nur rund 12.000. "Die meisten davon hätten wir sonst nicht bekommen", so Schäuble.

Die Frage nach der sozialen Ungerechtigkeit blieb bei der Diskussion, bei der es auch keine Wortmeldung aus dem Publikum gab, offen: Wie erklärt man einer Kassiererin, die 100 Euro aus der Kasse genommen hat, dass sie eine Straftat begangen hat, aber der Unternehmer, der elf Millionen in der Schweiz geparkt hat, wird nicht angezeigt? Eine Lösung wäre der "gläserne Mensch" - also die allgemeine Offenlegung von Steuern und Einkünften, um Hinterziehung zu verhindern. Den soll es laut Schäuble in Deutschland aber nicht geben.