Essen/Berlin. .

Natürlich reagierte CDU-Generalsekretär Peter Tauber mit der üblichen Floskel, nachdem die Nachricht die Runde machte, dass Helmut Linssen sein Amt als Schatzmeister der Partei abgibt: Linssen habe sich in seiner langjährigen politischen Tätigkeit, insbesondere als Bundesschatzmeister, um seine Partei verdient gemacht. „Dafür sprechen wir ihm unseren herzlichen Dank aus.“ Doch tatsächlich herrscht in der CDU-Spitze nicht nur Dankbarkeit, sondern große Erleichterung: Die Berichte über Linssens Geldanlage in einer mittelamerikanischen Briefkastenfirma hatten bei Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel und in der CDU-Zentrale für mehr als Unmut gesorgt.

Merkel hatte Linssen Ende 2010 zwar sehr drängen müssen, das Amt des Schatzmeisters zu übernehmen – jetzt aber drohte er zur Belastung zu werden. Seit dem CDU-Spendenskandal 1999, den Merkel als Generalsekretärin miterlebte, reagieren die Christdemokraten auf unsaubere Geldgeschäfte mit erhöhter Sensibilität. Juristisch mochte Linssen auf der sicheren Seite sein, mitten in der neuen Debatte um Steuerhinterziehung aber hätte seine CDU trotzdem ein Problem bekommen.

Heute Klausurtagung in Erfurt

Offiziell lehnte die CDU-Zentrale in Berlin in den vergangenen Tagen jeden Kommentar zu Linssens Geldgeschäften ab, führende Christdemokraten mochten nur hinter vorgehaltener Hand ihr Unverständnis äußern. Bloß keine Debatte! Doch spätestens heute hätte das Schweigen gebrochen werden müssen: In Erfurt kommt die CDU-Spitze zu einer Klausurtagung zusammen, der frühere niedersächsische Ministerpräsident David McAllister soll zum Europa-Spitzenkandidaten gekürt, der Europawahlkampf gestartet werden. Wegen Merkels Skiunfall-Verletzung musste die Klausur schon einmal verschoben werden, nun drohte der Fall Linssen die schöne Inszenierung zu stören. Jetzt kommt es anders: Der Rücktritt wurde so rechtzeitig bekannt, dass Merkel und die CDU-Spitze heute in Thüringen wie geplant ihren Europawahlkampf starten können – bereits ohne den Schatzmeister, ohne lästige Fragen zu seinem Konto in Panama. Und bei einem CDU-Parteitag im April kann gleich auch ein neuer Schatzmeister gewählt werden.

Die politische Konkurrenz, die in den vergangenen Tagen eine umfassende Aufklärung von Linssen verlangt hatte, reagierte gestern verhalten auf seinen Schritt. Der stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Linken, Dietmar Bartsch, begrüßte den Schritt: „Es war höchste Zeit, dass Helmut Linssen die Notbremse gezogen hat“, sagte Bartsch der NRZ. Die Affäre müsse aber „Anlass sein, endlich die Steueroasen trocken zu legen und den Steuertourismus der Wohlhabenden wirkungsvoll zu unterbinden“, so Bartsch weiter.