Berlin/Neu Delhi. . Bundespräsident Joachim Gauck hat sich bei seinem Besuch in Indien für eine Reform des UN-Sicherheitsrates ausgesprochen. Das Gremium solle demnach die Realitäten der heutigen Welt spiegeln. Zudem hob Gauck in seiner Rede vor Studenten in Neu-Delhi die Bedeutung des Schutzes von Minderheiten hevor.

Bundespräsident Joachim Gauck hat sich in einer Rede im Rahmen seines Staatsbesuchs in Indien für eine Reform des Weltsicherheitsrates eingesetzt. "Das Gremium sollte die Realitäten der heutigen Welt spiegeln, nicht die von 1945", sagte er am Donnerstag vor der Nehru-Universität in Neu Delhi.

Welche Art von Reform ihm dabei vorschwebt, ließ der Bundespräsident offen. Der UN-Sicherheitsrat hat mit Russland, China, Frankreich, Großbritannien und den USA lediglich fünf ständige Mitglieder, die jeweils über ein Veto-Recht verfügen und das Gremium dadurch häufig politisch lahmlegen.

Deutschland und Indien streben einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat an. Gauck sagte laut vorab verbreitetem Redetext, es wäre für die Legitimität der Vereinten Nationen ein wichtiges Zeichen, wenn die Reform endlich vorankäme.

Gauck betonte Bedeutung von Minderheitenschutz

Der Bundespräsident erinnerte an seinen Appell vor der Münchner Sicherheitskonferenz, Deutschland möge mehr Verantwortung in der Welt übernehmen. Er forderte auch Indien auf, sich stärker in internationale Diskussionen etwa über Krisenprävention einzubringen. In der globalisierten Welt wachse die Verantwortung aller. "Es gibt keine weißen Flecken auf der Landkarte mehr, wenn Menschenrechte massiv verletzt werden", sagte Gauck.

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Beim Klimaschutz forderte er eine stärkere Beteiligung Indiens. Ein international verbindliches System könne nicht erfolgreich sein ohne die Beteiligung des Landes, das weltweit die drittgrößten Emissionen von klimaschädlichen Stoffen ausweise. Gauck verteidigte die in Deutschland beschlossene Energiewende. Dies sei ein "Erfolgsrezept für die Zukunft". Erneuerbare Energien und Energieeffizienz seien wichtige Komponenten des im Rahmen des Staatsbesuchs abgeschlossenen deutsch-indischen Abkommens zur Entwicklungszusammenarbeit.

Außerdem betonte Gauck die Bedeutung des Schutzes von Minderheiten. Zwar erkenne er an, "wie schwer es ist, angesichts weit verbreiteter traditioneller Mentalitäten" die Grundrechte aller Bürger zu garantieren, sagte Gauck laut Redemanuskript bei einer Rede am Donnerstag vor Studenten in Neu-Delhi.

Lebensumstände müssen verbessert werden

Menschen mit unterschiedlichen sexuellen Orientierungen seien aber ebenso wie andere Minderheiten zu schützen. Auch ein "heikles Thema" wie Frauenrechte oder "Herausforderungen" wie Kinderarbeit und Religionsfreiheit dürften nicht ignoriert werden.

"Wenn im Namen von kulturellen oder religiösen Traditionen schon Diskussionen über Veränderungen im Keim erstickt werden sollen, ist Misstrauen angebracht", hieß es weiter in Gaucks Redemanuskript. Würden Andersdenkende gar körperlich angegriffen, sei "der Staat in seiner Schutzverantwortung gefragt".

Gauck war zu einer Rede an einer Universität in Neu-Delhi geladen worden. "Die Werber für Terror und Gewalt haben es überall auf der Welt immer dort leicht, wo Menschen chancenlos sind, oder sich ausgeschlossen oder ungerecht behandelt fühlen", sagte er den Angaben zufolge bei seinem Auftritt. Der Bundespräsident verwies auch auf die Bedeutung staatlicher Investitionen in Bildung und Gesundheit, denn "ohne spürbare Verbesserung der Lebensumstände fällt es den Gegnern offener Gesellschaften leichter, gegen diese Stimmung zu machen".

Treffen mit Friedensnobelpreisträgerin geplant

Bei einem Treffen mit Vertretern der Zivilgesellschaft ermutigte Gauck Vorkämpfer für Menschenrechte und Demokratie. "Wir müssen auch auf die hören, die nicht an der Macht sind", sagte er. Erst gebe es Demokraten, dann Demokratien; oft bahnten Aktivisten den Weg für die offizielle Politik. "Sie sind das Volk", sagte Gauck zu den engagierten Bürgern.

Der Bundespräsident sprach mit den Repräsentanten von unterschiedlichen Gruppen und Projekten über Gewalt gegen Frauen, den Kampf gegen Korruption, politische Reformen und Klimaschutz. Auch die soziale Ungleichheit durch das immer noch spürbare Kastenwesen kam zur Sprache.

Gauck war am Dienstag zu einer mehrtägigen Reise auf den Subkontinent aufgebrochen. Es ist sein erster offizieller Besuch in Indien seit seinem Amtsantritt. Am Freitag fliegen Gauck und der größte Teil seiner rund 80-köpfigen Delegation in die Technologie-Metropole Bangalore. Dort steht der Besuch mehrerer Firmen und eines Entwicklungsprojekts auf dem Programm.

Am Sonntag reist Gauck nach Birma weiter. Dort ist auch ein Treffen mit Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi geplant. Am Sonntag will Gauck nach Birma weiterreisen. (afp/dpa)